Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Wasserpolitik der Union. Vorbeugung einer Verschlechterung des Zustands des Oberflächenwasserkörpers. Ausnahme vom Verschlechterungsverbot. Übergeordnetes öffentliches Interesse. Bewilligung des Baus eines Wasserkraftwerks am Fluss Schwarze Sulm (Österreich). Verschlechterung des Gewässerzustands

 

Normenkette

EUV Art. 4 Abs. 3; Richtlinie 2000/60/EG Art. 4 Abs. 1, 7

 

Beteiligte

Kommission / Österreich

Europäische Kommission

Republik Österreich

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Europäische Kommission trägt die Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 18. Juli 2014,

Europäische Kommission, vertreten durch E. Manhaeve, C. Hermes und G. Wilms als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Republik Österreich, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, Z. Petzl und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben der Präsidentin der Ersten Kammer, der Richter F. Biltgen und E. Levits, der Richterin M. Berger sowie des Richters S. Rodin (Berichterstatter),

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 3. September 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 3 EUV in Verbindung mit Art. 288 AEUV verstoßen hat, dass sie Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. 2000, L 327, S. 1) in Verbindung mit Art. 4 Abs. 7 dieser Richtlinie nicht ordnungsgemäß angewandt hat.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 2

Die Erwägungsgründe 11, 19, 25, 26 und 32 der Richtlinie 2000/60 lauten:

„(11) Gemäß Artikel 174 des [AEU-]Vertrags soll die gemeinschaftliche Umweltpolitik zur Verfolgung der Ziele der Erhaltung und des Schutzes der Umwelt sowie der Verbesserung ihrer Qualität und der umsichtigen und rationellen Verwendung der natürlichen Ressourcen beitragen; diese Politik hat auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip zu beruhen.

(19) Ziele der vorliegenden Richtlinie sind die Erhaltung und die Verbesserung der aquatischen Umwelt in der Gemeinschaft, wobei der Schwerpunkt auf der Güte der betreffenden Gewässer liegt. Die mengenmäßige Überwachung spielt bei dem Versuch, eine angemessene Wassergüte zu gewährleisten, eine zusätzliche Rolle, so dass im Hinblick auf das Ziel einer angemessenen Güte auch Maßnahmen in Bezug auf die Wassermenge erlassen werden sollten.

(25) Es sollten gemeinsame Begriffsbestimmungen zur Beschreibung des Zustandes von Gewässern sowohl im Hinblick auf die Güte als auch – soweit für den Umweltschutz von Belang – auf die Menge festgelegt werden. Umweltziele sollen sicherstellen, dass sich die Oberflächengewässer und das Grundwasser in der gesamten Gemeinschaft in einem guten Zustand befinden und eine Verschlechterung des Zustands der Gewässer auf Gemeinschaftsebene verhindert wird.

(26) Die Mitgliedstaaten sollten bestrebt sein, einen zumindest guten Zustand ihrer Gewässer zu erreichen, indem sie unter Berücksichtigung vorhandener Anforderungen auf Gemeinschaftsebene die erforderlichen Maßnahmen im Rahmen integrierter Maßnahmenprogramme festlegen und in die Praxis umsetzen. Wenn sich ein Gewässer bereits in einem guten Zustand befindet, sollte dieser bewahrt bleiben. In Bezug auf Grundwasser sollten nicht nur die Anforderungen für einen guten Zustand erfüllt, sondern auch alle signifikanten und anhaltenden Trends einer Steigerung der Konzentration von Schadstoffen ermittelt und umgekehrt werden.

(32) Es kann Gründe für eine Befreiung von der Auflage geben, einer weiteren Verschlechterung des Gewässerzustands vorzubeugen oder einen guten Zustand unter bestimmten Bedingungen zu erreichen, wenn die Nichterfüllung der Auflage auf unvorhergesehene oder außergewöhnliche Umstände, insbesondere Überschwemmungen und Dürren, oder auf neu eingetretene Änderungen der physischen Eigenschaften eines Oberflächenwasserkörpers oder Änderungen des Pegels von Grundwasserkörpern, die aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses erfolgt sind, zurückzuführen ist, unter der Voraussetzung, dass alle praktikablen Vorkehrungen getroffen werden, um die negativen Auswirkungen auf den Zustand des Wasserkörpers zu vermindern.”

Rz. 3

Art. 4 „Umweltziele”) der Richtlinie 2000/60 bestimmt in Abs. 1 Buchst. a:

„(1) In Bezug auf die Umsetzung der ...

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