Rz. 461

Im Bauträgervertrag finden sich in der Regel Angaben zur Wohn- oder Nutzfläche. Die geschuldete Fläche kann sowohl im Vertrag als auch in dessen Anlagen, etwa den Bauplänen, genannt sein. Die Angabe ist ein zentrales Beschaffenheitsmerkmal.[1] Fehlen in einem Bauträgervertrag Angaben zur Wohnfläche, ist die einseitige Vorstellung des Erwerbers für den Inhalt des Vertrags maßgeblich, wenn der Bauträger in Kenntnis des Willens des Erwerbers den Vertrag abschließt.[2] Auf eine Klausel, mit der der Bauträger jegliche Haftung für das Flächenmaß der Wohnung ausgeschlossen hat, kommt es nicht an, da dieser Haftungsausschluss nach verständiger Würdigung der beiderseitigen Parteiinteressen gerade nicht die bei Vertragsschluss vom Erwerber erkennbar zugrunde gelegte Wohnfläche erfasst[3]; im Übrigen wäre die Klausel nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

 
Hinweis

Begriff der Wohnfläche auslegungsbedürftig

Ein allgemeiner Sprachgebrauch für den Begriff der "Wohnfläche" hat sich nicht entwickelt.[4] Der Begriff ist daher auslegungsfähig und ggf. auslegungsbedürftig. Im Wohnraummietrecht ist die Wohnfläche auch bei frei finanziertem Wohnraum anhand der §§ 4244 der II. BV (für Baujahrgänge bis 2003) bzw. der ab dem 1.1.2004 geltenden Wohnflächenverordnung zu ermitteln, es sei denn, die Parteien haben dem Begriff der Wohnfläche im Einzelfall eine abweichende Bedeutung beigemessen, oder ein anderer Berechnungsmodus (insbesondere DIN 283 oder DIN 277) ist ortsüblich oder nach der Art der Wohnung nahe liegender.

Eine Größenangabe stellt in der Regel keine Eigenschaftszusicherung dar; dies gilt jedenfalls dann, wenn es an einer ausdrücklichen Erklärung des Bauträgers, für diese Beschaffenheit einstehen zu wollen, fehlt.[5] Abweichungen von der vereinbarten Größe begründen dann werkvertragliche Mängelansprüche.[6]

[1] LG Nürnberg-Fürth v. 11.6.2010, 12 O 4999/09, IBR 2010 S. 690.
[3] LG Nürnberg-Fürth v. 11.6.2010, 12 O 4999/09, IBR 2010 S. 690.

3.3.2.1 Flächendifferenz als Sachmangel

 

Rz. 462

Unterschreitet die tatsächliche die genau vereinbarte Fläche, stellt die Flächendifferenz einen Sachmangel i. S. d. § 634 BGB dar, sodass der Erwerber die geschuldete Vergütung mindern darf.[1] Ob es eine "Toleranzgrenze" gibt, die eine Minderung ausschließt und wo diese anzusetzen ist, ist unklar. Grundsätzlich sind Abweichungen in der Regel nur bis zu 3 % akzeptabel.[2] Eine Flächenabweichung von mehr als 8 % ist daher selbst bei einer circa-Angabe als Mangel anzusehen.[3]

Vorstellbar ist, dass die Parteien des Bauträgervertrags "geringfügige Änderung der Wohnfläche von 3 %" zulasten des Erwerbers zulassen. Ist diese Marge überschritten, haftet der Veräußerer uneingeschränkt; die berechtigte Kürzung des Erwerbspreises kann nicht um einen "Geringfügigkeitsabschlag" herabgesetzt werden.[4]

[2] Siehe auch OLG Saarbrücken v. 1.12.2011, 8 U 450/10, IMR 2012 S. 76; a. A. LG Nürnberg-Fürth v. 11.6.2010, 12 O 4999/09, IBR 2010 S. 690: 10 %)
[3] OLG München v. 4.11.2010, 13 U 4074/09, IBR 2010 S. 457.

3.3.2.2 Berechnung der Minderung

 

Rz. 463

Bei zu geringer Wohnfläche einer Eigentumswohnung gilt für die Minderungsberechnung die Formel (linear proportional zum Quadratmeterpreis): Kaufpreis geteilt durch die geschuldete Fläche = Quadratmeterpreis. Dann Quadratmeterpreis x Minderfläche = Minderung.[1]

 
Praxis-Beispiel

Berechnung der Minderung

Beispiel bei einer Minderfläche von 4 m²:

400.000 EUR (Wohnung) : 80 m² (Fläche) = 5.000 EUR/m²

5.000 EUR x 4 m² (Minderfläche) = 20.000 EUR Minderwert

[1] OLG Koblenz v. 5.1.2006, 5 U 239/04, OLGReport 2006 S. 303, 306; KG Berlin v. 6.11.1998, 21 U 8545/97, KGReport 1999 S. 101, 103.

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