Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen einer die Grundfläche einer Wohnung betreffenden Beschaffenheitsvereinbarung beim Grundstückskaufvertrag.

 

Verfahrensgang

LG Saarbrücken (Urteil vom 24.08.2010; Aktenzeichen 4 O 196/10)

 

Tenor

I. Die Berufung der Beklagten gegen das am 24.8.2010 verkündete Urteil des LG Saarbrücken - 4 O 196/10 - wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Dieses Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung i.H.v. 115 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, es sei denn, die Kläger leisten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Kläger erwarben durch notariellen Kaufvertrag der vom 12.10.2007 (Anlage K 1 = GA 6 ff.) von der Beklagten die Wohnung Nr. 5.02, gelegen im 5. und 6. Obergeschoss des Anwesens nebst Kellerraum und Tiefgaragenstellplatz zum Kaufpreis von 280.266 EUR, der gem. Ziff. III. des Kaufvertrages aufgeteilt war in einen "Anteil an Grund und Boden" einerseits und in die Aufbauten andererseits. Ziff. IV. des Vertrages enthält unter 1a. - soweit gesetzlich zulässig - "für Grund und Boden" einen Haftungsausschluss für eine bestimmte Größe, sichtbare und unsichtbare Sachmängel und eine bestimmte Ertragsfähigkeit. Unter 1b. wird die Beseitigung von Baumängeln dem Leistungsstörungsrecht des BGB über den Werkvertrag unterstellt, unter 1c. und d. weitere Voraussetzungen für die Haftung für Bauwerksmängel geregelt und unter 1e. vereinbart, dass der Grundbesitz in dem Zustand gekauft wird, in dem er sich derzeit befindet.

In vorliegendem Verfahren begehren die Kläger eine Kaufpreisminderung um 20.467,77 EUR, weil die Wohnfläche abweichend von der ihnen vor Abschluss des Kaufvertrages übergebenen Wohnflächenberechnung nach DIN (Anlage K 3 = 27) nicht 111,59 m2 sondern nur 101,42 m2 beträgt, weil die Küche nicht 20,78 m2 sondern nur 10,61 m2 groß ist. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung (GA 118 ff.) Bezug genommen.

Das LG hat die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 20.467,77 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 7.10.2009 sowie zur Zahlung von vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten i.H.v. 754,10 EUR nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 11.2.2010 verurteilt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, den Klägern stehe wegen einer Abweichung der tatsächlichen von der vertraglich geschuldeten Wohnfläche unabhängig davon, ob man den Vertrag als Kauf- oder Werkvertrag qualifiziere, ein Anspruch auf Erstattung des Minderungsbetrages gem. §§ 434, 437 Nr. 2 Alt. 2, 441 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB bzw. gem. §§ 633, 634 Nr. 3 Alt. 2, 638, 441 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB zu. Die Wohnflächenabweichung - tatsächlich betrage die Wohnfläche nur 101,42 m2 und nicht, wie in der Wohnflächenberechnung und der Grundrisszeichnung angegeben 111,59 m2 - stelle einen Sachmangel dar. Zwar sei die Wohnfläche in dem notariellen Vertrag nicht ausdrücklich vereinbart worden. Es liege insoweit aber eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung vor, denn die Kläger hätten durch ihre Anfrage nach einer Wohnflächenberechnung unmissverständlich deutlich gemacht, dass die Größe der Wohnung für sie ein entscheidendes Merkmal für ihre Kaufentscheidung ist. Hierauf habe die Beklagte ihnen die Wohnflächenberechnung ihres bauleitenden Architekten zur Verfügung gestellt, aus der sich in Übereinstimmung mit der ebenfalls übergebenen Grundrisszeichnung eine Wohnfläche von 111,59 m2 ergeben habe. Sie habe deshalb Kenntnis von der Größenvorstellung der Kläger gehabt, die dem Abschluss des Kaufvertrages übereinstimmend zugrunde gelegen habe. Der Minderungsanspruch setze auch kein Überschreiten einer bei 10 % anzusetzenden Erheblichkeitsgrenze voraus, da eine solche - im Gegensatz zur Mietminderung nach § 536 Abs. 1 S. 3 BGB - nach dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz gem. § 323 Abs. 5 S. 2 BGB nur noch den Rücktritt nicht aber die Minderung ausschließe. Der Minderungsanspruch sei auch nicht durch den in Ziff. IV des notariellen Kaufvertrages enthaltenen Gewährleistungsausschluss ausgeschlossen. Zwar sei eine Berufung auf den Haftungsausschluss nicht schon nach § 444 BGB ausgeschlossen, denn weder liege eine Beschaffenheitsgarantie vor noch könne arglistiges Verhalten der Beklagten festgestellt werden. Allerdings erstrecke sich der Gewährleistungsausschluss nicht auf die vereinbarte Wohnfläche, was sich aus seiner Auslegung nach §§ 133, 157 BGB ergebe. Zu berücksichtigen sei nämlich, dass neben dem allgemeinen Gewährleistungsausschluss - der unter Ziff. IV. 1. a. konkret vereinbarte Gewährleistungsausschluss beziehe sich nur auf den Grund und Boden, nicht aber auf die Aufbauten; jedenfalls greife die Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB - hinsichtli...

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