Leitsatz

Haftung des Erstehers einer Wohnung in der Zwangsversteigerung für nach Zuschlag fällige Raten aus vorher beschlossener Sonderumlage

 

Normenkette

§§ 10 Abs. 4, 16 Abs. 2, 21 Abs. 3, 28 WEG; § 242 BGB; §§ 56, 90 ZVG

 

Kommentar

  1. Der Beklagte hatte durch Zuschlagsbeschluss im Mai 2004 im Wege der Zwangsversteigerung eine Eigentumswohnung erworben und ist seitdem Mitglied der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Gemeinschaft hatte 2003 zur Beseitigung von Liquiditätsschwierigkeiten, d.h. zum Ausgleich offener und bereits fälliger Verbindlichkeiten gegenüber verschiedenen Gläubigern eine Sonderumlage von zunächst insgesamt 15.000 EUR beschlossen, zahlbar von den Wohnungseigentümern in einzelnen Raten ab Januar 2004. Für die Raten Juni 2004 bis Dezember 2007 wurde der Beklagte als neuer Eigentümer seit dem 19.5.2004 in Anspruch genommen, und zwar zu Recht nach Urteilen des AG und des LG in der Berufungsinstanz.
  2. Der Beklagte ist verpflichtet, die auf seinen Miteigentumsanteil entfallenden Beträge aus der 2003 beschlossenen Sonderumlage insoweit zu zahlen, als die einzelnen Raten nach seinem Eigentumserwerb fällig geworden sind. Der Sonderumlagebeschluss aus 2003 ist gem. § 10 Abs. 4 WEG auch für den Sondernachfolger des früheren Eigentümers verbindlich, ohne dass es einer Eintragung dieses Beschlusses in das Grundbuch bedurft hätte. Eine Gemeinschaft ist grds. befugt, zur Beseitigung von Liquiditätsschwierigkeiten eine solche Sonderumlage zu beschließen (h.M.); ein bestandskräftiger Beschluss entspricht auch ordnungsgemäßer Verwaltung gem. § 21 Abs. 3 WEG. Der Beklagte haftet deshalb für die nach seinem Eigentumserwerb fällig gewordenen Monatsraten des auf ihn entfallenden Anteils der Sonderumlage (ebenfalls h. M, u. a. OLG Köln, KG, OLG Karlsruhe, OLG Hamm).

    Dies stellt auch keine unbillige Belastung des Beklagten dar, da er die Möglichkeit hatte, sich vor Ersteigerung beim Verwalter nach ihn bindenden Beschlüssen der Gemeinschaft zu erkundigen und sein Verhalten darauf einzurichten. Vorliegend sind auch keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Gemeinschaft durch die Beschlussfassung rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB gehandelt bzw. die Fälligkeit einzelner Raten der Umlage deshalb hinausgeschoben habe, um sich mit einem künftigen Erwerber einen vielleicht finanzkräftigen Schuldner zu verschaffen (vgl. hierzu BGH, NJW 1988, 1910). Vielmehr sollte die beschlossene Ratenzahlung eine nicht tragbare finanzielle Belastung aller zur Zahlung verpflichteten Eigentümer vermeiden.

    Auch § 56 Satz 2 ZVG steht der Haftung des Beklagten nicht entgegen, da es sich insoweit nicht um "Lasten" aus der Vergangenheit handelt; vielmehr sollten bestehende Schulden an verschiedene Gläubiger ausgeglichen werden, zum Teil sogar auch mit Nutzeffekten für den Beklagten als neuen Eigentümer (z. B. hinsichtlich gekauften Heizöls). Die Sachlage unterscheidet sich auch nicht wesentlich von einer Beteiligung eines neuen Eigentümers an den Kosten notwendiger Reparaturmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum, wenn der Schaden selbst bereits vor einem Eigentumserwerb eingetreten sein sollte (vgl. OLG Celle, ZMR 2004, 525).

  3. Revision zum BGH wurde nicht zugelassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung als erforderlich anzusehen ist.
 

Link zur Entscheidung

LG Saarbrücken, Urteil v. 27.5.2009, 5 S 26/08

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