Leitsatz

Generelle Beschränkung der Rechtsnachfolgerhaftung nur auf die sog. Abrechnungsspitze? (Vorlage-Beschluss des KG Berlin an den BGH)

 

Normenkette

§ 16 Abs. 2 WEG, § 28 Abs. 5 WEG

 

Kommentar

1. Ein Antragsgegner erwarb ein Wohnungseigentum in der Zwangsversteigerung durch Zuschlagsbeschluss vom 22. 1. 1996; am 25. 3. 1996 fand in seiner Abwesenheit eine Eigentümerversammlung statt, in der die Abrechnung für 1995 einschließlich der Einzelabrechnungen genehmigt wurde; die entsprechende Einzelabrechnung war noch namentlich an den Voreigentümer adressiert und enthielt den saldierten Nachforderungsbetrag von 2.274 DM (bei gleichzeitiger Erwähnung keinerlei geleisteter Vorauszahlungen im Geschäftsjahr 1995 gemäß Wirtschaftsplan-Genehmigungsbeschlussfassung für 1995 in der Eigentümerversammlung vom 26. 6. 1995).

2. Der Senat des KG Berlin hat in den Leitsätzen festgestellt, dass der Eigentümerbeschluss über eine Jahresabrechnung objektbezogen auch für und gegen einen Erwerber einer Wohnung wirke, der in der abzurechnenden Wirtschaftsperiode noch nicht Eigentümer gewesen sei, gleichgültig ob der Eigentumswechsel der Gemeinschaft oder dem Verwalter zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen sei. Ebenso wie gegen den früheren Eigentümer werde auch gegen den Erwerber allerdings nur die sogenannte Abrechnungsspitze (nach BGH, Entscheidung vom 30. 11. 1995, Az.: V ZB 16/95) durch den Abrechnungsbeschluss neu begründet, nicht aber würden nochmals die bereits zuvor gegen den früheren Eigentümer fällig gestellten Beitragsvorschüsse anspruchsbegründend genehmigt. Aufgrund abweichender Rechtsprechung bisher vorliegender OLG-Entscheidungen (BayObLG, WE 95, 248; OLG Düsseldorf, NJW-RR 97, 714; OLG Köln, NJW-RR 97, 1102; OLG Stuttgart, WE 98, 383; Senat ZMR 98, 656 im Rahmen einer Kostenentscheidung; a.A. OLG Zweibrücken ZMR 96, 340 und neuerlich auch Staudinger/Bub, § 28 Rn. 413) werde die Sache dem BGH zur abschließenden Entscheidung vorgelegt, da auch der Senat nunmehr der Mindermeinung folgen wolle.

3. Entscheidungsunerheblich ist zwar, dass im vorliegenden Fall die Einzelabrechnung nicht auf den Namen des Rechtsnachfolgers (Antragsgegners) ausgestellt wurde, sondern noch auf den Namen des Voreigentümers (und sich deshalb nach Willensbildung der Gemeinschaft auch nur eine Inanspruchnahme auf den Voreigentümer erstrecken könnte); insoweit läge nämlich nur eine rechtlich unbeachtliche Falschbezeichnung vor, da ein Eigentümerbeschluss über eine Jahresabrechnung objektbezogen auch für und gegen Rechtsnachfolger (auch Ersteher in der Zwangsversteigerung) wirke, die in der abzurechnenden Wirtschaftsperiode noch nicht Eigentümer gewesen seien, selbst wenn der Eigentumswechsel der Gemeinschaft zum Zeitpunkt der Abrechnungsgenehmigungsbeschlussfassung noch nicht bekannt gewesen sein sollte. Dies folge aus § 10 Abs. 4 WEG. Entsprechende Beschlüsse zu Lasten eines Rechtsnachfolgers hätten hier form- und fristgemäß angefochten werden müssen; bei unverschuldeter Beschlussunkenntnis wäre hier ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand möglich gewesen (vorliegend nicht erfolgt).

4. Allerdings will der Senat hinsichtlich bereits zu Lasten des Voreigentümers bereits fällig gestellter Wohngeldvorschüsse (hier für das Jahr 1995) nicht davon ausgehen, dass diese nochmals mit Abrechnungsgenehmigung gegen den Antragsgegner neu begründet werden können. Insoweit kann nach der Grundsatzentscheidung des BGH vom 30. 11. 1995 (BGHZ 131, 228) ein neuer Eigentümer nur mit der sogenannten Abrechnungsspitze belastet werden. Vorschussweise fällige Beitragsleistungen können hier nicht nochmals bei endgültiger Festsetzung der Beitragszahlungen im Rahmen der Jahresabrechnung begründet werden; denn sowohl bei der vorläufigen wie bei der endgültigen Festlegung handelt es sich materiell um identische Beträge zu den gemeinschaftlichen Kosten und Lasten im Sinne des § 16 Abs. 2 WEG. Eine Erwerberhaftung besteht mangels anderweitiger Vereinbarung in der Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung nach herrschender Rechtsmeinung nicht. Dies spricht auch gegen eine kumulative Haftung des Erwerbers neben dem Voreigentümer, von der neuerlich entgegen bisher überwiegender Rechtsprechung nicht mehr ausgegangen werden kann. Ein Rechtsnachfolger kann deshalb auch nicht über Abrechnungsbeschlussfassung in eine volle Rückstandshaftung einbezogen werden; eine Gemeinschaft würde durch eine solche kumulative Haftung eines neuen neben dem alten Eigentümer ohne zureichenden Grund begünstigt. Während gegen verbliebene Eigentümer nur eine Abrechnungsspitze ergänzend festgelegt wird [??], würde gegen den Erwerber unvorhergesehen und überraschend zusätzlich ein Abrechnungsrückstand neu begründet, evtl. unter dem Vorbehalt einer vielleicht erfolgreichen Beschlussanfechtung. Dem kann sich der Senat insbesondere unter Hinweis auf Staudinger/Bub nicht anschließen. Eine Regelung einer solchen Erwerberhaftung kann auch nicht davon abhängig gemacht werden, inwiefern innervertragliche Schutzmö...

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