Leitsatz

Teilnichtige Beschlussfassung über die Genehmigung von Einzelabrechnungen (wegen fehlender Beschlusskompetenz), wenn dort Saldenvorträge aus bereits im Vorjahr entstandenen, aber noch nicht erfüllten Zahlungsverpflichtungen des Voreigentümers erneut beschlossen bzw. neu begründet werden

 

Normenkette

§ 28 Abs. 5 WEG

 

Kommentar

  1. In einer Einzelabrechnung wurden laut Sachverhalt einem Neueigentümer (Rechtsnachfolger) Hausgeldzahlungsrückstände des Voreigentümers angelastet und hinzugerechnet, die bereits über bestandskräftige Beschlussfassung früher entstanden, jedoch noch nicht erfüllt waren.
  2. Neuerliche Genehmigungsbeschlussfassung über die Abrechnung des aktuellen, abgelaufenen Geschäftsjahres ist nichtig, wenn darin im Sinne eines Saldenvortrags auch solche Rückstände aus Vorjahren enthalten sind. Diese Beitragsrückstände sind kein zulässiger Bestandteil einer aktuell zu beschließenden Jahresabrechnung aller jahresbezogenen Einnahmen und Ausgaben, die sich ausschließlich auf Kostenabrechnung des zuletzt abgelaufenen Wirtschaftsjahres zu beschränken hat. Insoweit ist der Rechtsnachfolger allein mit den Beiträgen zu belasten, welche die im Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigen; anspruchsbegründend handelt es sich hier um die sog. Abrechnungsspitze. Etwaige Zahlungspflichten aus früheren Beschlüssen lässt ein solcher neuerlicher Beschluss unberührt. Dies gilt nicht nur für die im Wirtschaftsplan des abzurechnenden Jahres beschlossenen Vorschüsse, sondern auch für Zahlungspflichten, die durch Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen der Vorjahre begründet wurden.
  3. Insoweit handelt es sich bei Einbeziehung solcher Altrückstände in eine neue Geschäftsjahresabrechnung nicht nur um alleinige, anfechtungsbehaftete Abrechnungsfehler, sondern insoweit um eine Teilnichtigkeit des gesamten Abrechnungsbeschlusses, für die Eigentümer keine Beschlusskompetenz besitzen. Hier kann einem Rechtsnachfolger nicht durch Beschluss eine Erwerberhaftung auferlegt werden, da es sich insoweit auch um ein Rechtsgeschäft zulasten Dritter handelt.
  4. Bereits fällig gewordene Rückstände aus früheren Abrechnungen können somit nicht durch neuerliche Einbeziehung in die aktuelle Abrechnung neu begründet bzw. "verdoppelt" werden. Andernfalls könnten Eigentümer durch Aufnahme rückständiger Beiträge in eine jeweils aktuelle Abrechnung auf diesem Wege auch die Vorschriften über eine Anspruchsverjährung faktisch außer Kraft setzen. Dies aber fällt ebenso wenig in ihre Beschlusskompetenz wie auch die Begründung einer gesetzlich oder kraft Vereinbarung nicht vorgesehenen Haftung.
Anmerkung

Zunächst darf insoweit auch auf meine Anmerkung zur "Entscheidung des Monats" im Haufe-Verwalterbrief Juni 2012 verwiesen werden (vgl. auch Deckert, ZMR 10/2010, S. 729/731 Anm. 2.2.1).

  1. Zwischen einem konkreten Einzelabrechnungsergebnis in saldierter Form aller Einnahmen und Ausgaben und etwa verbleibender Abrechnungsspitze zulasten eines Rechtsnachfolgers sollte aus meiner Sicht auch in verfestigter Rechtsprechung des BGH noch etwas näher differenziert werden. Ein Saldenergebnis kann sich nämlich zum einen aus konkretem Ausgabenaufwand im abzurechnenden Geschäftsjahr gegenüber bisheriger Wirtschaftsplankalkulation ergeben, zum anderen zusätzlich aus etwa vom Eigentümer nicht geleisteten Hausgeldbeiträgen nach Wirtschaftsplan mit meist monatlicher Vorauszahlungsfälligkeit (pro rata temporis). Evident wird die Thematik der Abrechnungsspitze im Regelfall bei Eigentums- oder Verfügungswechsel im abzurechnenden Geschäftsjahr und insbesondere dann, wenn ein Voreigentümer zu "seinen" Zahlungs-Fälligkeitszeitpunkten (Beitragsvorschüssen) zahlungssäumig geblieben sein sollte. Hier trifft einen Rechtsnachfolger nur die Zahlungsschuld hinsichtlich möglicher Abrechnungsspitze (also tatsächlicher, konkret abgerechneter Mehrzahlung gegenüber bisher kalkulierten Raten nach bestehendem Wirtschaftsplan). Für rückständige Beiträge des Voreigentümers nach Wirtschaftsplan haftet deshalb der Rechtsnachfolger (Neueigentümer) nachfolgend grundsätzlich nicht, sollte nicht ausdrücklich eine sog. Erwerberhaftung für allein rechtsgeschäftliche Rechtsnachfolger in der Gemeinschaftsordnung vereinbart sein. Solche "Hausgeld-Altrückstände" hat die Gemeinschaft deshalb ausschließlich nach wie vor gegen den Voreigentümer nach Anspruchsgrundlage des vorausgehenden Wirtschaftsplans geltend zu machen; eine Abrechnungsgenehmigung stellt nur eine Anspruchsbegründung für eine etwaige sog. Abrechnungsspitze dar. Aus diesem Grund können auch nicht durch neuerlich mitbeschlossene Saldenvorträge (aus Vorjahreseinzelabrechnungen) einem Neueigentümer Altschulden angelastet und etwa auf diesem Wege Anspruchsgrundlagen "verdoppelt" werden, zumal dadurch – wie zu Recht vom BGH bestätigt – übliche Verjährungsregelungen unterlaufen würden.
  2. Nochmals möchte ich auch darauf hinweisen, dass selbst bei Eigentums- oder auch Verfügungswechsel keine gesplitteten Einzelabrechnungen et...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge