Leitsatz

Einer Partei ist in der Regel eine Erledigungsfrist von einer Woche zur Einzahlung des angeforderten Gerichtskostenvorschusses zuzugestehen. Auch wenn die Gerichtskostenvorschussrechnung dem Rechtsanwalt verfahrensfehlerfrei zur Vermittlung der Zahlung zugesandt wurde, ist der für die Prüfung der Kostenanforderung und deren Weiterleitung an die Partei erforderliche Zeitaufwand dieser nicht als Zustellungsverzögerung anzulasten.

 

Normenkette

ZPO § 167; GKG § 12 Abs. 1

 

Das Problem

  1. In der Versammlung vom 26. Februar 2015 werden mehrere Beschlüsse gefasst. Mit der am 11. März 2015 bei dem Amtsgericht eingegangenen Anfechtungsklage wendet sich Wohnungseigentümer K gegen diese Beschlüsse. Die Gerichtskostenvorschussrechnung in Höhe von 4.518 EUR geht seinem Prozessbevollmächtigten, dem Rechtsanwalt R, am 24. März 2015 zu. Der Vorschuss geht am 23. April 2015 bei der Justizkasse ein. Die Klage wird den beklagten Wohnungseigentümern am 29. April 2015 zugestellt. Das Amtsgericht weist die Klage ab, das Landgericht die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurück.
  2. Nach Ansicht des Landgerichts hat K die einmonatige Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG versäumt. Etwas anderes ergebe sich nicht aus § 167 ZPO. Die Klage sei nicht "demnächst" zugestellt worden, weil der Vorschuss verspätet eingezahlt worden sei. Auch wenn der Zeitraum zwischen der Einreichung der Klage und dem Ablauf der Klageerhebungsfrist am 26. März 2015 sowie das Wochenende vom 28./29. März 2015 unberücksichtigt blieben, stelle die Dauer der Zahlung von 28 Tagen eine erhebliche Verzögerung dar. Unter Berücksichtigung der kurzen Bankbearbeitungsfrist von einem Tag (§ 675s BGB) hätte es binnen einer Woche möglich sein müssen, den Vorschuss zu zahlen. Dieser Zeitraum sei nicht deshalb zu verlängern, weil die Vorschussforderung an den Prozessbevollmächtigten des K und nicht an diesen selbst übersandt worden sei. Das sei nicht verfahrensfehlerhaft gewesen.
  3. Dagegen wendet sich K mit der Revision. Mit Erfolg!
 

Die Entscheidung

K habe die materielle Klageerhebungsfrist nach § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG gewahrt. Es sei auf den Eingang der Klageschrift bei Gericht abzustellen, da die Klage demnächst im Sinne von § 167 ZPO zugestellt worden sei.

Allgemeines zum Merkmal "demnächst"

Im Ausgangspunkt rechtsfehlerfrei nehme das Berufungsgericht allerdings an, dass das Merkmal "demnächst" (§ 167 ZPO) nur erfüllt sei, wenn sich die der Partei zuzurechnenden Verzögerungen in einem hinnehmbaren Rahmen hielten. Dabei werde eine Zustellungsverzögerung von bis zu 14 Tagen regelmäßig hingenommen, um eine Überforderung des Klägers sicher auszuschließen. Dies gelte für sämtliche Fallgruppen, sodass auch für die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses (§ 12 Abs. 1 GKG) bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf abgestellt werde, um wie viele Tage sich der ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert habe.

Berechnung des "demnächst"

Zutreffend lasse das Berufungsgericht für die Frage, ob die Zustellung demnächst erwirkt worden sei, den Zeitraum von der Einreichung der Klage bis zum Ablauf der Klageerhebungsfrist des § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG am 26. März 2015 unberücksichtigt. Wenn eine Klage bereits vor Ablauf einer durch Zustellung zu wahrenden Frist eingereicht worden sei, die Zustellung der Klage aber erst nach Ablauf der Frist erfolgt sei, seien bis zum Fristablauf eingetretene Versäumnisse nicht in den Zeitraum der hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen miteinzurechnen.

Keine vorwerfbare Verzögerung von mehr als 14 Tagen

Eine dem K vorwerfbare Verzögerung von mehr als 14 Tagen liege nicht vor.

  1. Nicht zu beanstanden sei allerdings, dass das Landgericht K 1 Woche zur Erledigung der Zahlung zugebilligt habe. Eine Partei müsse den angeforderten Gerichtskostenvorschuss (§ 12 Abs. 1 GKG) innerhalb eines angemessenen Zeitraums einzahlen. Die Auffassung des II. Zivilsenats, ihr sei dafür eine Erledigungsfrist von bis zu 3 Werktagen zuzugestehen (Hinweis auf BGH v. 25.10.2016, II ZR 230/15, WM 2017 S. 294 Rn. 25), teile der Senat nicht. Die Partei müsse nicht zwingend an demselben Tag tätig werden, an dem bei ihr die Anforderung eingehe. Bei der Bemessung der Frist, innerhalb der die Zahlung zu erfolgen hat, sei zudem nicht nur auf den für die Überweisung durch die Bank erforderlichen Zeitraum (§ 675s Abs. 1 Satz 1 und 3 BGB) abzustellen. Es sei vielmehr auch die Zeitspanne zu berücksichtigen, die die Partei im Normalfall benötige, um für eine ausreichende Deckung des Kontos zu sorgen und die Überweisung zu veranlassen. Der Partei sei deshalb in der Regel eine Erledigungsfrist von einer Woche zur Einzahlung des angeforderten Gerichtskostenvorschusses zuzugestehen. Die Frist könne sich nach Umständen des Einzelfalls angemessen verlängern, etwa wenn der Kostenvorschuss eine betr...

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