4.3.2.1 Zivilrechtliche Ausgangslage

Ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden liegt vor, wenn ein anderer als der Eigentümer des Grund und Bodens darauf ein Gebäude errichtet hat und dem anderen das Gebäude zuzurechnen ist. Das ist der Fall, wenn es einen Scheinbestandteil des Grund und Bodens (§ 95 BGB) darstellt oder dem Nutzungsberechtigten für den Fall der Nutzungsbeendigung gegenüber dem Eigentümer des Grund und Bodens ein Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts des Gebäudes zusteht. Ein solcher Anspruch kann sich aus einer vertraglichen Vereinbarung oder dem Gesetz ergeben.

4.3.2.2 Bewertung

Sowohl die Bewertung des mit dem Gebäude belasteten Grund und Bodens als auch die Bewertung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden ergibt sich aus § 195 BewG. Hierbei handelt es sich um eine stark typisierende Regelung, für die nicht auf allgemeine Vorschriften der Verkehrswertermittlung zurückgegriffen werden kann. Daher kann angesichts der unterschiedlichen Fallgestaltung nicht ausgeschlossen werden, dass der nach § 195 BewG ermittelte Wert den gemeinen Wert übersteigt. In derartigen Fällen besteht allerdings für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit, nach § 198 BewG einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen. Der Steuerberater wird daher in der Praxis in solchen Fällen verstärkt auf diese Möglichkeit hinweisen müssen.

Bewertung des Gebäudes auf fremdem Grund und Boden

Handelt es sich um ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden, das hinsichtlich der Gebäudeart im Ertragswertverfahren zu bewerten ist, so wird hierfür der Gebäudeertragswert angesetzt. Handelt es sich hingegen bei dem zu bewerteten Gebäude auf fremdem Grund und Boden um eine Grundstücksart, die im Sachwertverfahren zu bewerten ist, so wird der Gebäudesachwert angesetzt. Insoweit kann auf die Ausführungen zum Ertragswert (vgl. Tz. 4.2.5.2) bzw. auf die Ausführungen zum Sachwertverfahren (vgl. Tz. 4.2.5.3) verwiesen werden.

Zu beachten ist allerdings, dass bei der Ermittlung des Gebäudeertragswerts der Vervielfältiger anzuwenden ist, der sich nach der am Bewertungsstichtag verbleibenden Nutzungsdauer ergibt, sofern der Nutzer verpflichtet ist, das Gebäude bei Ablauf des Nutzungsrechts zu beseitigen. Gleiches gilt hinsichtlich der Alterswertminderung bei der Bewertung im Sachwertverfahren, die sich nach dem Alter des Gebäudes am Bewertungsstichtag und der tatsächlichen Gesamtnutzungsdauer bemisst. Ein Mindestrestwert ist nicht anzusetzen, da bei einer Verpflichtung zur Beseitigung des Gebäudes bei Ablauf des Nutzungsrechts ein solcher nicht besteht (§ 195 Abs. 2 Sätze 3–5 BewG).[1]

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die Verpflichtung zur Zahlung des Nutzungsentgelts für den Grund und Boden im Rahmen der Bewertung nach § 195 BewG nicht zu berücksichtigen ist, weil der Verpflichtung bei einer typisierenden Betrachtung in wirtschaftlich gleicher Höhe ein Nutzungsvorteil gegenübersteht.[2]

Bewertung des Grund und Bodens mit fremdem Gebäude

Die Bewertung des belasteten Grundstücks ergibt sich aus § 195 Abs. 3 BewG. Danach ist der nach § 179 BewG ermittelte Bodenwert gem. Anlage 26 zum BewG um das über die Restlaufzeit des Nutzungsrechts kapitalisierte Entgelt zu erhöhen. Der Kapitalisierungsfaktor ergibt sich aus Anlage 21 zum BewG.

[1] Vg. auch Eisele, NWB Aktuell v. 25.2.2008, 695, 710.
[2] Begründung zu § 12 Diskussionsentwurf GrBewV, der vollständig im BewG aufgenommen wurde.

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