Häufiger Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen ist auch der Pflichtteilsanspruch.

Ein Pflichtteil ist ein bestimmter Anteil des Nachlasses. Der hierauf gerichtete Anspruch gegen die eingesetzten Erben ist ausschließlich auf Zahlung eines entsprechenden Geldbetrages gerichtet und stellt eine Nachlassverbindlichkeit dar. Nahen Angehörigen, also sowohl jedem Kind nach dem Tode eines Elternteils als auch dem Ehegatten des Verstorbenen sowie seinen Eltern, kann ein Pflichtteilsanspruch zustehen, wenn sie durch ein Testament oder andere letztwillige Verfügungen durch den Erblasser vom Erbe ausgeschlossen wurden. Mitunter führt auch eine Erbausschlagung aus taktischen Gründen oder beim überlebenden Ehegatten im Rahmen der sogenannten güterrechtlichen Lösung zu Pflichtteilsansprüchen.

Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils nach Maßgabe des § 2310 BGB. Hiernach bleiben bei der Ermittlung der abstrakten Quote lediglich die Erben unberücksichtigt, die von der Erbfolge aufgrund Verzichts ausgeschlossen sind (§ 2310 Satz 2 BGB).

10.1 Allgemeines

Wer pflichtteilsberechtigt ist, sollte mit der Geltendmachung seiner Ansprüche nicht zu lange warten, da hier die kurze Drei-Jahres-Frist zu beachten ist. Die Verjährung des Anspruches beginnt gemäß §§ 2317 Abs. 1, 195, 199 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem (1.) der Erbfall eingetreten ist und (2.) der Pflichtteilsberechtigte hiervon Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen. Spätestens 30 Jahre nach dem Erbfall tritt in jedem Fall Verjährung ein, § 199 Abs. 3a BGB.

Im Rahmen der gerichtlichen Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs ist zwischen Feststellungs-, Auskunfts-, Zahlungs- und Stufenklage zu unterscheiden.

Welche Klageart konkret in Betracht kommt, hängt im Einzelfall davon ab, ob der Pflichtteilsberechtigte schon Kenntnis vom Nachlass, insbesondere über den Wert der einzelnen Nachlassgegenstände hat, oder ob er erst noch Auskunft über den Bestand des Nachlasses als solchen oder den Wert benötigt. Im ersten Fall ist gleich Zahlungsklage zu erheben. Im zweitgenannten Falle ist die sich anbietende Stufenklage zwar nicht zwingend, allerdings insbesondere aus Gründen der Kostenersparnis und der Verjährungshemmung der anhängigen Stufen angeraten.

Nach herrschender Meinung stellt die nachträgliche Erweiterung einer Klage um eine weitere Stufe eine zulässige Klageerweiterung nach § 264 Nr. 2 ZPO dar; das gilt auch für die Zulässigkeit der Rückkehr von einer höheren auf eine frühere Stufe.[1]

Sollte im Prozess festgestellt werden, dass ein Pflichtteilsanspruch besteht, so kann der zahlungspflichtige Erbe gemäß § 2318 BGB etwaige Vermächtnisansprüche prozentual entsprechend kürzen.

 
Praxis-Tipp

Da der Erbe für das Kürzungsrecht beweispflichtig ist und ein im Verhältnis zum Pflichtteilsberechtigten ergangenes Urteil gegenüber dem Vermächtnisnehmer keine Rechtskraft entfaltet, empfiehlt es sich dem Vermächtnisnehmer den Streit zu verkünden.

10.2 Feststellungsklage

Soweit es um die Feststellung des Bestehens eines Pflichtteilsrechts geht, ist die Feststellungsklage die einschlägige Klageart. Allerdings ist hinsichtlich der Kostenfolge bei gleichzeitiger Erhebung von Feststellungs- und -Stufenklage Vorsicht geboten.[1]

Bereits vor Eintritt des Erbfalls ist es dem Erblasser gestattet, gerichtlich feststellen zu lassen, ob eine von ihm verfügte Pflichtteilsentziehung wirksam ist.[2] Für den "ursprünglich" Pflichtteilsberechtigten besteht diese Möglichkeit einer negativen Feststellungsklage nur, wenn er konkrete Kenntnis über die Entziehung des Pflichtteils erlangt oder er dies aus Äußerungen des Erblassers herzuleiten vermag. Mit dem Tode des Erblassers erlischt jedoch sein erforderliches Feststellungsinteresse. Verstirbt der Erblasser während eines Verfahrens, an dem er als Kläger beteiligt[3] ist, so besteht nur insoweit ein Feststellungsinteresse des Erben, als feststeht, dass der Erblasser eine entsprechende Verfügung von Todes wegen überhaupt errichtet hat.

Nach Eintritt des Erbfalls kann Feststellungsklage hinsichtlich des Bestehens oder Nichtbestehens des Pflichtteilsrechts erhoben werden. Da es sich hierbei um ein Rechtsverhältnis und nicht um eine Willenserklärung handelt, ist die Klage nicht darauf zu richten die Unwirksamkeit des Pflichtteilsentzuges festzustellen. Eine derartige Klage wäre unzulässig, da es am besonderen Feststellungsinteresse fehlt, weil die Frage einer wirksamen Pflichtteilsentziehung inzidenter im Rahmen der richtigerweise zu erhebenden Leistungsklage zu klären sein wird.[4]

 
Praxis-Tipp

Um eine gerichtliche Klärung und gar die ungünstigen Folgen eines sofortigen Anerkenntnisses unter Protest gegen die Kostenlast zu vermeiden, sollte der Pflichtteilsberechtigte zunächst eine rechtsverbindliche Erklärung des Erben verlangen, in der dieser den Bestand des Pflichtteilsanspruchs anerkennt.

Eine bloße Aufforderung hierzu reicht nicht aus. Wenn der Erbe nach angemessener Fristsetzun...

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