Leitsatz

Dem Fehlen von Messgeräten ist der Fall gleichzustellen, dass der Heizkostenverbrauch über die Heizkörper unter Verwendung von elektronischen Heizkostenverteilern mit weniger als 20 % der gesamten verbrauchten Heizenergie gemessen wird.

 

Normenkette

§ 242 BGB; §§ 3, 7, 9a HeizkostenV; § 21 Abs. 3 WEG

 

Das Problem

In einer Wohnungseigentumsanlage gibt es eine Heizungsanlage im Einrohrsystem. Es wird beschlossen, für die Heizkostenverteilung elektronische Heizkostenverteiler mit Fernablesemöglichkeit zu nutzen. Nach der Heizkostenabrechnung haben einige Wohnungseigentümer nur sehr wenig Heizwärme verbraucht: Ihre Einheiten hatten auch bei abgedrehten Heizkörpern durch die umlaufenden Heizungsrohre ausreichend Heizwärme. Ein Wohnungseigentümer greift daher die Abrechnung an. Er meint, diese widerspreche ordnungsmäßiger Verwaltung und will, dass die Heizkosten gemäß § 9a Heizkostenverordnung nach beheizten Wohnflächenquadratmetern umgelegt werden.

 

Entscheidung

  1. Das LG München I hält die Abrechnung für ordnungsmäßig. Nach der DIN 334 widerspreche die Messung mit elektronischem Heizkörperverteiler keiner ordnungsmäßigen Verwaltung. Heizkostenabrechnungen seien verbrauchsabhängig zu erstellen und die Heizkosten seien nach den gemessenen Verbräuchen umzulegen.
  2. Etwas anderes gelte nur, wenn die elektronischen Heizkörperverteiler weniger als 20 % der gesamten Wärmemenge messen. So liege es nicht.
  3. Im Übrigen könne man mit der "Faulhaber" Rechenmethode/Bilanzverfahren (VDI 2077) auf mathematischem Wege eine höhere Umlagegerechtigkeit herstellen (Verweisung auf AG Karlsruhe v. 31.5.2013, 4 C 482/12, IMR 2013 S. 287).
 

Kommentar

§ 9a Heizkostenverordnung (Kostenverteilung in Sonderfällen)

(1) Kann der anteilige Wärme- oder Warmwasserverbrauch von Nutzern für einen Abrechnungszeitraum wegen Geräteausfalls oder aus anderen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß erfasst werden, ist er vom Gebäudeeigentümer auf der Grundlage des Verbrauchs der betroffenen Räume in vergleichbaren Zeiträumen oder des Verbrauchs vergleichbarer anderer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum oder des Durchschnittsverbrauchs des Gebäudes oder der Nutzergruppe zu ermitteln. Der so ermittelte anteilige Verbrauch ist bei der Kostenverteilung anstelle des erfassten Verbrauchs zugrunde zu legen.

Anmerkung:

  1. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass § 9a Heizkostenverordnung auch dann anwendbar ist, wenn der am Heizkörper abgelesene Messwert aus zwingenden physikalischen Gründen nicht dem tatsächlichen Verbrauchswert entsprechen kann (Hinweis auf BGH v. 5.3.2013, VIII ZR 310/12, NJW-RR 2013 S. 909 Rn. 2).
  2. So kann es auch beim Einsatz von elektronischen Heizkostenverteilern sein. Sie sind zwar für Einrohrheizungen zugelassen (Europäische Norm EN 834). Nach physikalischen Gesichtspunkten sind sie mit Einrohrheizungsanlagen aber nicht kompatibel (vgl. LG Nürnberg-Fürth v. 17.8.2011, 12 O 4361/10, ZMR 2012 S. 358). Die Frage ist also, wann der Messwert aus zwingenden physikalischen Gründen nicht brauchbar ist. Mit der herrschenden Meinung (AG Neuss v. 14.6.2012, 84 C 5219/11, MietRB 2012 S. 332) soll dies dann der Fall sein, wenn der Heizkostenverbrauch über die Heizkörper unter Verwendung von elektronischen Heizkostenverteilern beim Vorliegen mit weniger als 20 % der gesamten verbrauchten Heizenergie gemessen wird.
  3. Wird in zulässiger Weise gem. § 9a Heizkostenverordnung nach Fläche abgerechnet, steht dem Mieter kein 15-%-Kürzungsrecht nach § 12 Heizkostenverordnung zu: Es wird nicht entgegen, sondern in Übereinstimmung mit der HeizkostenV abgerechnet (BGH v. 16.11.2005, VIII ZR 373/04, MDR 2006 S. 623).

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. Die Heizkostenverordnung ist zwischen Wohnungseigentümern ohne Weiteres anwendbar. Für die Anwendung müssen die Wohnungseigentümer allerdings einen nach der Heizkostenverordnung möglichen Umlageschlüssel bestimmen. Der Verwalter kann den Umlageschlüssel für die Heizkosten nicht eigenmächtig ändern. Der Verwalter hat ferner nicht die Pflicht, die Wohnungseigentümer darauf hinzuweisen, dass ein Umlageschlüssel nach seinem Dafürhalten "unbillig" ist.
  2. Bauträger haben Wohnungseigentumsanlagen aus Kostengründen häufig mit Heizungsanlagen im Einrohrsystem ausgestattet.
  3. Bis Mitte der 1990er-Jahre mussten Heizungsleitungen für Einrohrsysteme, welche innerhalb einer Wohnung verlaufen, nicht isoliert werden. Die Konsequenz hieraus ist, dass die Energie nicht da freigegeben wird, wo sie erfasst werden soll.
  4. Eine Einrohrheizungsanlage bedarf einer sehr sorgfältigen Grund- und Feineinstellung ("hydraulischer Abgleich"). Hierbei wird sichergestellt, dass jede am Heizungssystem angeschlossene Wohnung, völlig unabhängig von ihrer Lage, die optimale und gleich temperierte Heizwassermenge mit dem notwendigen Druck erhält. Fehlt der hydraulische Abgleich oder ist dieser nicht einwandfrei eingestellt, führt dies letztendlich dazu, dass der in den jeweiligen Wohnungen ankommende Wasserdruck bzw. die Wassermenge in den Heizungsleitungen abnimmt, je...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge