Leitsatz

Abgelehnter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Ausführungsstopp einer beschlossenen Heizungserneuerung

 

Normenkette

§ 46 Abs. 1 WEG

 

Kommentar

  1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel, einen unter Anfechtungsgründen leidenden Beschluss vorläufig außer Kraft zu setzen, ist gegen die übrigen Eigentümer und nicht gegen den Verwalter zu richten (vgl. ebenfalls LG Köln, Beschluss v. 23.3.2011, 29 S 24/11).

    Ein Verwalter kann nicht eigenmächtig handeln, ist vielmehr an den Auftrag der beschlussfassenden Eigentümer gebunden. Sollte den Eigentümern ein bestimmtes Handeln untersagt werden, müssen sie dafür sorgen, dass der Verwalter die ihnen untersagten Handlungen unterlässt. Dazu ist der Verwalter nach Vertrag im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung verpflichtet. Ein etwaiges Zuwiderhandeln durch den Verwalter müssten sich die Eigentümer zurechnen lassen mit der Folge, dass Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen die Eigentümer erfolgen können.

  2. Ob ein Verfügungsgrund vorliegt, ist durch eine Abwägung der schutzwürdigen Interessen beider Verfahrensseiten im Einzelfall zu beurteilen. Ausgangspunkt ist die Wertung des Gesetzgebers, dass auch fehlerhafte Beschlüsse bis zu ihrer Ungültigerklärung durch ein Gericht grundsätzlich wirksam und vollziehbar sind. Aussetzung des Beschlussvollzugs ist ausnahmsweise nur dann möglich, wenn die Interessen anfechtender Miteigentümer überwiegen. Hiervon ist auszugehen, wenn ihnen ein Abwarten wegen drohender irreversibler Schäden nicht mehr zugemutet werden kann oder weil bei unstreitiger Sachlage und gefestigter Rechtsprechung die Rechtswidrigkeit eines Beschlusses derart offenkundig ist, dass es hierfür nicht erst einer umfassenden Prüfung durch ein Hauptsacheverfahren bedarf (ebenso LG Frankfurt, Urteil v. 17.3.2010, 2-13 S 32/09). Vorliegend war nicht von Rechtswidrigkeit des angefochtenen Heizungssanierungsbeschlusses auszugehen; vielmehr muss erst im Anfechtungs-Hauptsacheverfahren Beweis durch ein Sachverständigengutachten eingeholt werden. Durchführung der Heizungserneuerung führt vorliegend auch nicht zu einem irreversiblen Schaden, wenn nur wirtschaftliche Erwägungen gegen den Beschluss vorgetragen werden. Nach Ansicht des Gerichts überwiegen die Interessen der übrigen Eigentümer an rascher Heizungserneuerung, die der Maßnahme auch mit mehr als der Hälfte der Stimmen zugestimmt haben. Niemand außer der Verfügungsklägerin hat im Übrigen Anfechtungsklage erhoben.
  3. Sollten angefochtene Beschlüsse für ungültig erklärt werden, ist der Zustand herzustellen, der ohne Ausführung der Beschlüsse bestehen würde, sofern der Verfügungsklagepartei durch die Ausführung ein Nachteil entstanden ist. Insoweit können nur finanzielle Nachteile in Betracht kommen, was soviel bedeutet, dass die Klägerseite ggf. Schadensersatzansprüche geltend machen und die Befreiung von anteiligen Kosten verlangen kann (vgl. hierzu LG München I, Urteil v. 17.7.2008, 36 S 9508/08).
  4. Auch ein Sachverständiger im Hauptsacheverfahren kann entscheiden, ob eine geforderte Doppelkesselanlage wirtschaftlich sinnvoll ist oder nicht; diese Beurteilung hängt nicht vom Zustand der Altanlage ab, sodass auch insoweit nicht von Beweisverschlechterung im Anfechtungsverfahren gesprochen werden kann.
  5. Überdies wurde der einstweilige Verfügungsantrag hier sehr spät gefasst, zumal sich aus dem Eigentümerbeschluss klar ergab, dass der Auftrag sofort erteilt werden sollte.
 

Link zur Entscheidung

AG Bonn, Urteil v. 22.5.2012, 27 C 86/12

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