Leitsatz

In diesem Rechtsbeschwerdeverfahren ging es um die Frage, ob eine Prozesspartei eine Kapital-Lebensversicherung vor Inanspruchnahme von Prozesskostenhilfe für die Prozesskosten einzusetzen hat.

 

Sachverhalt

Die Parteien stritten in zweiter Instanz um die Höhe des Trennungsunterhalts der Klägerin. Erstinstanzlich war der Beklagte verurteilt worden. Auf das Verfahren war gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch altes Prozessrecht anzuwenden, da der Rechtsstreit vor dem 1.9.2009 eingeleitet worden war.

Für die Durchführung einer beabsichtigten Berufung beantragte der 52 Jahre alte schwerbehinderte Beklagte die Gewährung von Prozesskostenhilfe. Nach deren Ablehnung durch das OLG wegen fehlender Bedürftigkeit legte er innerhalb der "Überlegungsfrist" unbedingt Berufung ein und verfolgte für deren Durchführung seinen PKH-Antrag weiter. Der Beklagte verfügte über eine Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von 12.722,00 EUR. Seine bis dahin erreichte Rentenanwartschaft zum 65. Lebensjahr betrug 305,95 EUR, bei unverändert fortgesetzter Beitragszahlung wie im Durchschnitt der letzten fünf Kalenderjahre bei Renteneintritt voraussichtlich 1.110,11 EUR. Außerdem besaß der Beklagte eine Rentenanwartschaft nach US-amerikanischem Recht, die bei fortdauernder Erwerbstätigkeit zum 65. Lebensjahr 1.100,00 US-Dollar betragen würde.

Das OLG hat den PKH-Antrag des Beklagten unter Hinweis darauf, dass er seine Lebensversicherung für die Prozesskosten einzusetzen habe, abgelehnt. Die hiergegen von ihm eingelegte Rechtsbeschwerde blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Der BGH folgte der vom OLG vertretenen Auffassung, wonach der Beklagte die Lebensversicherung für die Prozesskostenhilfe einzusetzen habe, da ihr Rückkaufswert das zu belassende Schonvermögen übersteige und die Verwertung nicht unzumutbar sei. Der Beklagte müsse die Lebensversicherung nicht zwingend verkaufen oder vorzeitig auflösen, er könne auch ein sog. Policendarlehen aufnehmen.

Der BGH wies in seiner Entscheidung auf den Meinungsstreit zu Verwertbarkeit von Lebensversicherungen für Prozesskosten hin. Er schloss sich der Auffassung an, wonach die Frage, ob der Einsatz einer Lebensversicherung unzumutbar sei und eine Härte i.S.v. § 115 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 3 SGB XII darstelle, jeweils anhand der Umstände des konkreten Einzelfalls zu beantworten sei (OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1917; OLG Stuttgart FamRZ 2008, 2290; FamRZ 2009, 1850; OLG Köln FamRZ 2004, 382; OLG Frankfurt FamRZ 2006, 135; OLG Zweibrücken FamRZ 2008, 524; OLG Hamburg FamRZ 2001, 925; OLG Celle FamRZ 2007, 913; OLG Koblenz OLGReport Koblenz 2005, 887; MünchKomm/Motzer ZPO, 3. Aufl., § 115 Rz 65).

Die beiden anderen Auffassungen, wonach die Hilfsbedürftige generell nicht auf die Kündigung bzw. den Verkauf einer Lebensversicherung und die Verwendung des Rückkaufswertes für die Prozesskosten verwiesen werden dürfe und die Auffassung, dass eine Lebensversicherung unabhängig davon, ob sie der Altersversorgung dienen solle, zur Deckung der Prozesskosten einzusetzen sei, widerspräche sowohl dem Gesetzeswortlaut als auch Sinn und Zweck der Regelungen. Abgesehen von bereits nach § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII geschütztem Kapital und seiner Erträge, sei eine Lebensversicherung grundsätzlich für die Prozesskosten zu verwerten, soweit ihr durch Kündigung, Verkauf oder Beleihung erzielbarer Wert das Schonvermögen nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII i.V.m. § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. b der Versorgung zu § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII übersteige.

Es entspreche der gesetzgeberischen Wertung, dass Lebensversicherungen auch dann als Vermögensbestandteil für die Prozesskosten herangezogen werden könnten, wenn deren Beiträge nach Maßgabe des § 115 Abs. 1 S. 3 ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII vom Einkommen abziehbar seien. Der Gesetzgeber habe diese Fallgruppe gesehen und in engen Grenzen im Rahmen des § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII geregelt.

Auch werde im Fall der Beleihung die Altersversorgung nicht aufgelöst, sondern lediglich verringert. Der BGH wies deutlich darauf hin, dass es seines Erachtens richtig sei, den Einsatz einer Kapitallebensversicherung für die Prozesskosten anhand der gesetzlichen Kriterien nach §§ 115 Abs. 3 ZPO, 90 SGB XII zu beurteilen, die vom Grundsatz der Einsetzbarkeit des gesamten Vermögens ausgingen und den Schutz einzelner Vermögensbestandteile als Ausnahme besonders regelten.

Die Verwertung der Lebensversicherung könne eine Härte begründen, wenn diese unwirtschaftlich sei oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwere. Entsprechende Umstände seien von dem Antragsteller darzulegen.

Eine Verwertung stelle nicht schon deswegen eine Härte dar, weil sie unwirtschaftlich wäre. Auf die Frage des Verhältnisses von Rückkaufswert und eingezahlten Beträgen komme es hier nicht an, weil das OLG zutreffend auf die Möglichkeit einer Beleihung durch ein sog. Policendarlehen hingewiesen habe.

Bei einer Beleihung der Versicherungspolice entstehe anders als bei einem V...

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