Leitsatz

  1. Ein teilender Eigentümer kann sich in der Teilungserklärung ermächtigen lassen, Wohnungserwerbern Sondernutzungsrechte an bestimmten Flächen einzuräumen und deren Inhalt näher zu bestimmen
  2. Auch die Bestimmung gewisser Nutzungen und üblicher baulicher Veränderungen, die das Gepräge der Wohnanlage nicht ändern, können in solchen Sondernutzungsrechts-Zuweisungen mitenthalten sein, ohne dass es gesonderter Eigentümerzustimmungen bedarf
 

Normenkette

§§ 10 Abs. 2 und Abs. 3, 13 Abs. 2, 15 Abs. 3, 22 Abs. 1 WEG; §§ 242, 1004 BGB

 

Kommentar

  1. In der Teilungserklärung war der teilenden Eigentümerin die Ausgestaltung und Zuweisung von Sondernutzungsrechten eingeräumt und damit auch die Möglichkeit, über die Verwendung und Zuteilung von Außenstellplätzen je nach Bedarf und Interesse zu entscheiden. Des Weiteren war sie zur Ausgestaltung der noch nicht verkauften Einheiten sowie auch zur Änderung der Teilungserklärung berechtigt.

    Einem Wohnungserwerber wurde an seiner ursprünglich begründeten Sondernutzungsfläche eine Teilfläche als Stellplatz, eine weitere als Garten und Terrasse und eine als Terrasse mit Pflanzkübeln zugewiesen.

    Ein anderer Eigentümer klagte hinsichtlich der Terrassenzuweisung auf Beseitigung der Terrassenanlage und Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands.

    In allen 3 Instanzen hatte seine Klage keinen Erfolg.

  2. Auch die Nutzung und Gestaltung der Terrasse hält sich innerhalb des von der geänderten Teilungserklärung gesteckten Rahmens. Zustimmungen zu baulichen Veränderungen nach § 22 Abs. 1 WEG sind bereits in der Zuweisung des Sondernutzungsrechts enthalten, sofern sie – wie hier – Eingang in die Beschreibung des Sondernutzungsrechts gefunden haben oder wenn sie nach dem Inhalt des jeweiligen Sondernutzungsrechts üblicherweise vorgenommen werden und der Wohnungseigentumsanlage dadurch kein anderes Gepräge verleihen (h.M.). Gemessen daran war vorliegend die gesonderte Zustimmung nach § 22 Abs. 1 WEG entbehrlich. Die Befugnis zum Mitgebrauch gemäß § 13 Abs. 2 WEG war hier durch die Teilungserklärungsvereinbarung den anderen Eigentümern entzogen. Eine Stellplatzzuweisung an Erwerber ist nach ebenfalls h.M. unbedenklich, sofern und solange der Begünstigte Eigentümer der mit seinem Eigentum verbundenen Sondernutzungsrechte ist. Scheidet ein Eigentümer mit Sondernutzungsrechten aus der Gemeinschaft aus, verliert er auch sein Zuweisungsrecht, welches dann in die geborene Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft fällt.
  3. Vorliegend durfte auch der Eigentümer kraft Vereinbarung noch einseitig den Nutzungsinhalt im Rahmen seiner Privatautonomie ändern.

    Die Zuweisung genügte auch dem sachen- und grundbuchrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz bezüglich der klar gekennzeichneten Flächen.

  4. Die Ermächtigung hält auch einer Inhaltskontrolle nach Grundsätzen von Treu und Glauben stand, im Übrigen auch den – insoweit noch zweifelhaft – anwendbaren Vorschriften der §§ 305 ff. BGB. Auch den anderen Eigentümern war von Anfang an klar, dass sie vom Mitgebrauch der in Rede stehenden Flächen ausgeschlossen waren und die Flächen nicht nur als Abstellplätze in Betracht kamen.
  5. Mit letzter Veräußerung von Wohnungseigentum an einen Erwerber endet allerdings das Zuweisungsrecht, mit jeweiliger Zuweisung der Sondernutzungsrechte auch die Abänderungsbefugnis durch die teilende Eigentümerin.
  6. Von einem Gestaltungsmissbrauch der teilenden Eigentümerin und unzumutbarer Aushöhlung der Rechtsposition der Erwerber sind diese nach § 315 BGB geschützt, da der teilenden Eigentümerin eine Art Treuhänderfunktion gegenüber zukünftigen Miteigentümern zukommt (vgl. bereits BGH, Beschluss v. 8.11.1985, NJW 1986 S. 845). Bei Ausübung eingeräumter Zuordnungsrechte müssen die Belange auch der übrigen Wohnungseigentümer angemessen berücksichtigt werden (so auch Häublein, Sondernutzungsrechte und ihre Begründung im Wohnungseigentumsrecht, S. 306 f. m.w.N.). Die Zuweisung des Sondernutzungsrechts mit dem in Rede stehenden Inhalt hält sich auch innerhalb des der teilenden Eigentümerin nach § 315 BGB zustehenden Gestaltungsermessens. Vorgenommene bauliche Veränderungen in der Begrenzung der Terrassenfläche sind auch von den restlichen Eigentümern duldungspflichtig im Sinne des § 14 Nr. 1 WEG hinzunehmen.
  7. Vorliegend war auch die Zustimmungspflicht von etwaigen dinglichen Pfandgläubigern entbehrlich, weil bereits die negative Komponente des Sondernutzungsrechts von Anfang an dinglicher Inhalt aller Sondereigentumsrechte geworden ist und die Rechtsstellung solcher dinglichen Gläubiger unter Konkretisierung oder Änderung des Nutzungszwecks zumindest im Regelfall keine Verschlechterung mehr erfahren dürfte.
 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil v. 2.12.2011, V ZR 74/11

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge