2 Konstellationen sind zunächst zu unterscheiden:

  1. Die Anwesenheit des Anwalts soll den Interessen der Wohnungseigentümer dienen.
  2. Der Anwalt ist ausschließlich im Interesse des Verwalters anwesend.

Zunächst und grundsätzlich bestehen keine Bedenken, soweit der Verwalter zur Information und Meinungsbildung der Wohnungseigentümer einen Rechtsanwalt zu dem einen oder anderen Tagesordnungspunkt hinzuzieht. Voraussetzung ist lediglich, dass kein konkreter Interessengegensatz zwischen einem einzelnen Wohnungseigentümer und der Gesamtheit der übrigen Wohnungseigentümer hervorgetreten ist und kein Wohnungseigentümer der Anwesenheit des Dritten widerspricht.[1] Ausreichend soll auch ein entsprechender Geschäftsordnungsbeschluss sein.[2]

 

Fairnessgebot beachten

Ist ein Rechtsanwalt im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Eigentümerversammlung anwesend, der gegen die Interessen eines einzelnen Wohnungseigentümers tätig werden soll, so wird man dem Eigentümer, gegen den die Beratung gerichtet ist, die Begleitung durch einen eigenen Rechtsanwalt zugestehen müssen. Es verstößt gegen das Fairnessgebot und das gemeinschaftliche Rücksichtnahmegebot, wenn nur eine Seite anwaltlich beraten wird.[3]

Vermag die Anwesenheit des Anwalts auch aus Sicht der Wohnungseigentümer sinnvoll sein, kann der Verwalter ihn aber nicht ohne Weiteres aus Gemeinschaftsmitteln vergüten. Hierzu bedarf es eines entsprechenden Beschlusses der Wohnungseigentümer. Selbst wenn es dem Verwalter anlässlich der Versammlung gelingen sollte, einen derartigen Vergütungsbeschluss herbeizuführen, leidet dieser unter einem Formmangel, weil er im Ladungsschreiben nicht angekündigt war. Auf entsprechende Anfechtungsklage würde der Beschluss für ungültig erklärt werden. Der Verwalter läuft Gefahr, dass ihn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in Regress nimmt.

 

Was tun, damit der Anwalt ein Teilnahmerecht erhält?

Steht eine schwierige Problematik zur Beschlussfassung an, ist stets ein zweistufiges Verfahren sinnvoll:

Der Verwalter klärt die Wohnungseigentümer anlässlich der Wohnungseigentümerversammlung über die rechtliche Problematik auf und empfiehlt die Beauftragung eines Rechtsanwalts, der zu der rechtlichen Fragestellung entweder durch ein schriftliches Gutachten oder durch Teilnahme an einer gesondert einzuberufenden weiteren Wohnungseigentümerversammlung Stellung beziehen soll. Im entsprechenden Beschluss werden auch Honorarhöhe und Finanzierung der Anwaltsvergütung geregelt. Selbstverständlich ist auch dieser Beschluss im Ladungsschreiben anzukündigen.

Wünschen die Wohnungseigentümer die Beratung anlässlich einer Wohnungseigentümerversammlung, sollte der Verwalter aus Kostengründen – so noch weitere Tagesordnungspunkte zur Diskussion stehen – den beratungswürdigen Teil der Versammlung möglichst an deren Anfang setzen, wenn ein Stundenhonorar mit dem Rechtsanwalt zur Vereinbarung kommt.

Sollte der Verwalter in seinem eigenen Interesse zum Schutz seiner Rechtsposition einen Anwalt zur Versammlung mitbringen, muss er damit rechnen, dass dieser umsonst angereist ist. Widerspricht auch nur einer der Wohnungseigentümer der Teilnahme des Anwalts, muss dieser den Versammlungsraum verlassen. Für eine Teilnahme des Anwalts dürfte auch kein Geschäftsordnungsbeschluss ausreichen. In diesem Zusammenhang dürfte auch die Tatsache keine Rolle spielen, dass der Anwalt bereits von Berufs wegen zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, weshalb der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit nur am Rande tangiert wäre.

[2] LG München I, Urteil v. 29.1.2015, 36 S 2567/14, ZMR 2015 S. 490; LG Karlsruhe, Urteil v. 11.5.2010, 11 S 9/08, ZMR 2011 S. 588.
[3] AG Schöneberg, Urteil v. 17.3.2016, 771 C 64/15.

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