Was das Teilnahmerecht von Beratern angeht, sind zunächst die Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung maßgeblich. Soweit hier ein ausdrückliches Teilnahmeverbot vereinbart ist, gilt dies und ist einzuhalten.[1] Aber auch dann, wenn kein ausdrückliches Teilnahmeverbot vereinbart ist, ist der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit zu beachten, wonach ein grundsätzliches Teilnahmeverbot Dritter besteht. Auch Berater haben also kein Teilnahmerecht. Besondere Gründe können aber eine Teilnahmeberechtigung begründen. Dies kann insbesondere bei einem ständigen persönlichen Erschwernis eines Wohnungseigentümers – etwa Schwerhörigkeit – der Fall sein. Dann kann auch die Teilnahme eines Rechtsanwalts als Begleitperson an der Versammlung zuzulassen sein. Eine beliebige andere Person ist hingegen zur Begleitung des Wohnungseigentümers nicht berechtigt, wenn die Gemeinschaftsordnung eine qualifizierte Vertreterklausel enthält.[2]

Wohnungseigentümer bringt Rechtsanwalt mit

Ist nichts Gegenteiliges durch eine qualifizierte Vertreterklausel vereinbart, kann sich jeder Wohnungseigentümer grundsätzlich auch durch seinen Anwalt in der Versammlung vertreten lassen. Dann aber hat der Wohnungseigentümer kein Teilnahmerecht mehr, was in aller Regel nicht gewollt ist. Der Anwalt soll vielmehr neben dem Wohnungseigentümer für diesen beratend tätig sein. Hierfür müssen gute Gründe sprechen. Ist der Wohnungseigentümer einfach nur mit den übrigen Eigentümern zerstritten, ist dies jedenfalls zu verneinen.[3] Wohl aber können hohes Alter und geistige Gebrechlichkeit die Teilnahme des Beraters rechtfertigen.[4] Unabhängig hiervon kann aber auch die rechtliche Komplexität eines zu behandelnden Tagesordnungspunkts die Teilnahme des Anwalts rechtfertigen.[5] In diesem Fall ist aber zu berücksichtigen, dass jeder Wohnungseigentümer bereits im Vorfeld der Versammlung in der Lage ist, sich Rechtsrat zu komplizierten Themen einzuholen. Dies ist ja gerade der zentrale Punkt, warum die Ladungsfrist künftig nicht mehr 2, sondern 3 Wochen beträgt.[6]

Zu prüfen ist stets auch die Möglichkeit, ob sich der Anwalt nicht außerhalb des Versammlungsraums aufhalten kann. Der Verwalter kann dann die Wohnungseigentümerversammlung darauf aufmerksam machen, dass ein Wohnungseigentümer seinen Anwalt mitgebracht hat, der sich außerhalb des Versammlungsraums aufhält. Durch Geschäftsordnungsbeschluss kann dann geregelt werden, dass die Versammlung unterbrochen wird, sollte der betreffende Wohnungseigentümer Beratungsbedarf haben.

 

Kein Rederecht des Anwalts

Verwalter sollten stets beachten, dass der den Wohnungseigentümer begleitende Rechtsanwalt nicht plötzlich für den Wohnungseigentümer das Wort ergreift und aufgrund etwaiger rhetorischer Fähigkeiten die Diskussion in eine Richtung leitet, die eine Willensbildung der übrigen Wohnungseigentümer erschwert. So er im Ausnahmefall an einer Teilnahme neben dem Wohnungseigentümer berechtigt sein sollte, steht ihm jedenfalls kein Rederecht zu.

Wohnungseigentümer bringt Dolmetscher mit

Sollte der Wohnungseigentümer der deutschen Sprache nur begrenzt mächtig sein, bedarf es keinerlei Problematisierung, dass er selbstverständlich einen Dolmetscher zur Versammlung hinzuziehen kann. Wird die Anwesenheit des Dolmetschers zu Unrecht verweigert, sind die gefassten Beschlüsse anfechtbar, da der Wohnungseigentümer ohne Dolmetscher keine Möglichkeit hat, an der Willensbildung teilzunehmen.[7]

Verwalter bringt Rechtsanwalt mit

Lässt sich der Verwalter von einem Rechtsanwalt begleiten, sind grundsätzlich 2 Konstellationen zu unterscheiden:

  1. Die Anwesenheit des Anwalts soll den Interessen der Wohnungseigentümer dienen.
  2. Der Anwalt ist ausschließlich im Interesse des Verwalters anwesend.

Keine Bedenken bestehen, wenn der Verwalter zur Information und Meinungsbildung der Wohnungseigentümer einen Rechtsanwalt zu dem einen oder anderen Tagesordnungspunkt hinzuzieht. Voraussetzung ist lediglich, dass kein konkreter Interessengegensatz zwischen einem einzelnen Wohnungseigentümer und der Gesamtheit der übrigen Wohnungseigentümer hervorgetreten ist und kein Wohnungseigentümer der Anwesenheit des Dritten widerspricht.[8] Ausreichend soll auch ein entsprechender Geschäftsordnungsbeschluss sein.[9]

 

Fairnessgebot beachten

Ist ein Rechtsanwalt im Auftrag der Wohnungseigentümergemeinschaft in der Eigentümerversammlung anwesend, der gegen die Interessen eines einzelnen Wohnungseigentümers tätig werden soll, so wird man dem Eigentümer, gegen den die Beratung gerichtet ist, die Begleitung durch einen eigenen Rechtsanwalt zugestehen müssen. Es verstößt gegen das Fairness- und das gemeinschaftliche Rücksichtnahmegebot, wenn nur eine Seite anwaltlich beraten wird.[10] Nach diesseits vertretener Ansicht stellt sich allerdings in einer derartigen Konstellation die Teilnahme eines die übrigen Wohnungseigentümer gegen einzelne Wohnungseigentümer beratenden Rechtsanwalts per se als "No-Go" dar. So die Wohnungseigentümer Beratungsbedarf haben, wie sie gegen einen anderen Wohnungse...

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