Leitsatz

  1. Betrifft der Mangel eines Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung nur einen selbständigen Abrechnungsposten, so ist der Eigentümerbeschluß nur insoweit für ungültig zu erklären.
  2. Der Eigentümerbeschluß über die Jahresabrechnung ist nicht für ungültig zu erklären, wenn nicht der Anfangsbestand aller Gemeinschaftskonten ausgewiesen ist; dann besteht nur ein Ergänzungsanspruch.
  3. Bleibt ein Raum, der an die Wärme- und Warmwasserversorgung angeschlossen ist, bei der Verteilung der Heizungs- und Warmwasserkosten auf die einzelnen Wohnungseigentümer unberücksichtigt, ist der Eigentümerbeschluß nur hinsichtlich der Einzelabrechnungen zu dem selbständigen Abrechnungsposten Heizung und Warmwasser für ungültig zu erklären.
 

Sachverhalt

Nach der Gemeinschaftsordnung einer Wohneigentumsanlage bemißt sich das Stimmrecht nach der Größe der Miteigentumsanteile. Die Eigentümer genehmigten auf einer Wohnungseigentümerversammlung die Jahresabrechnung einschließlich der Einzelabrechnungen und erteilten der Verwalterin Entlastung. Einer der Wohnungseigentümer hat nun vor dem Wohnungseigentumsgericht beantragt, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären, weil ein Hobbyraum im Dachgeschoß bei der Heizkosten- und Warmwasserabrechnung nicht berücksichtigt worden sei.

 

Entscheidung

Der Eigentümerbeschluß war tatsächlich teilweise für ungültig zu erklären, da die Jahresabrechnung nicht in allen Punkten den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung stand hielt.

Die Jahresabrechnung muß immer eine geordnete und verständliche sowie inhaltlich zutreffende Aufstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten. Dabei ist sie jedoch keine Gewinn- und Verlustrechnung und keine Bilanz. Bei der Jahresabrechnung handelt es sich vielmehr um eine Einnahmen- und Ausgabenrechnung, die die tatsächlichen Beträge gegenüberzustellen hat. Eine vollständige Jahresabrechnung muß weiter den Stand der gemeinschaftlichen Konten zu Beginn und am Ende des Abrechnungszeitraums ausweisen. Der angefochtene Eigentümerbeschluß erwies sich daher insoweit als fehlerhaft, als darin ein Raum, in dem sich Heizkörper sowie Anschlüsse für Kalt- und Warmwasser befinden, bei der Umlegung der entsprechenden Kosten nicht berücksichtigt wurde. Zwar hat dies nicht die Gesamtabrechnung berührt, wohl aber die Verteilung der Kosten auf die einzelnen Wohnungseigentümer in den Einzelabrechnungen.

Daß somit nicht die Anfangs- und Endbestände sämtlicher Gemeinschaftskonten in der von den Wohnungseigentümern beschlossenen Abrechnung angegeben sind, führt nun aber nicht zur Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses, denn diese Angaben können nachgeholt werden. Dementsprechend besteht ein Anspruch eines jeden Wohnungseigentümers nach § 21 Abs. 3, 4 WEG, daß die Lücke durch eine Ergänzung der Jahresabrechnung und Beschlußfassung der Wohnungseigentümer darüber geschlossen wird.

Der Eigentümerbeschluß erwies sich schließlich noch hinsichtlich der Beschlußfassung über die Entlastung der Verwalterin als fehlerhaft, da dieser zu Unrecht Entlastung erteilt worden ist. Die von ihr erstellte Jahresabrechnung entsprach nämlich insoweit nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung, als die Kosten für Heizung und Warmwasser nicht zutreffend auf die einzelnen Wohnungseigentümer verteilt wurden und der Stand der einzelnen Gemeinschaftskonten somit nicht umfassend dargestellt war. In diesem Zusammenhang läßt sich mithin nicht ausschließen, daß den Wohnungseigentümern wegen dieser Mängel der Jahresabrechnung außer einem Anspruch auf deren Ergänzung weitere Ansprüche zustehen.

 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 28.10.1998, 2Z BR 116/98

Fazit:

Kurz zur rechtlichen Bedeutung der Entlastung: Der Eigentümerbeschluß über die Entlastung des Verwalters bedeutet in der Regel ein negatives Schuldanerkenntnis hinsichtlich solcher Verwaltungshandlungen, die bei Beschlußfassung bekannt oder bei zumutbarer Sorgfalt erkennbar waren. Die Entlastung hat dann die Folge, daß den Wohnungseigentümern hinsichtlich solcher Handlungen keine Ansprüche mehr gegen den Verwalter zustehen. Wenn den Wohnungseigentümern im Zusammenhang mit den erhobenen Beanstandungen noch Ansprüche zustehen können, die durch einen Entlastungsbeschluß verlorengingen, dann entspricht die Entlastung nicht dem Gebot ordnungsgemäßer Verwaltung und der Beschluß ist für ungültig zu erklären.

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