Zeitlich ist die Anbietpflicht begrenzt bis zum Ende des Mietverhältnisses. Dies bedeutet, dass dem Mieter nur eine bis zu diesem Zeitpunkt frei werdende Wohnung angeboten werden muss. Anderenfalls würde derjenige Mieter privilegiert, der auch nach dem Ende des Mietverhältnisses in der Wohnung bleibt und es auf einen lang andauernden Rechtsstreit ankommen lässt. Der BGH verneint daher ausdrücklich eine Anbietpflicht für Wohnungen, die erst während des Räumungsprozesses frei werden.[1] Dies gilt auch dann, wenn die Alternativwohnung bereits kurze Zeit nach Ende des gekündigten Mietverhältnisses frei wird.

 
Praxis-Beispiel

Keine Anbietpflicht

Hat der Vermieter das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs z. B. zum 28.2.2006 gekündigt und kündigt in demselben Haus ein Mieter eine vergleichbare Wohnung (Alternativwohnung) z. B. zum 31.3.2006, musste der Vermieter diese Wohnung dem gekündigten Mieter nicht anbieten.[2] Nach Ablauf der Kündigungsfrist, d. h. nach Beendigung des Mietverhältnisses und damit auch der Anbietpflicht, ist der Vermieter auch nach dem Gebot der Rücksichtnahme nicht mehr gehalten, die eigene, bisher von ihm selbst bewohnte Wohnung anzubieten, die denknotwendig erst frei wird, wenn der Vermieter nach dem Auszug des Mieters in die gekündigte Wohnung eingezogen ist.[3]

 
Praxis-Beispiel

Anbietpflicht bei fehlendem Bauzeitenplan

Dagegen muss der Vermieter dem gekündigten Mieter eine Wohnung, die nach Erklärung der Kündigung wegen Eigenbedarfs im Hause frei wird, auch dann anbieten, wenn er die Wohnung sanieren will und für ihn mangels Bauzeitenplan nicht absehbar ist, wann die Wohnung zur Vermietung zur Verfügung steht.[4]

Die Verpflichtung zum Anbieten einer frei stehenden Alternativwohnung soll sogar dann bestehen, wenn der Mieter zunächst erklärt hat, dass er diese Wohnung nicht will. Eine Treuwidrigkeit kann allenfalls dann verneint werden, wenn der Mieter zu keinem Zeitpunkt Interesse daran hatte, die Alternativwohnung anzumieten.[5]

[3] BGH, Beschluss v. 19.7.2017, VIII ZR 284/16.
[4] LG Köln, Beschluss v. 3.5.2013, 10 S 51/12, ZMR 2013, S. 721.
[5] LG Berlin, Urteil v. 16.4.2015, 67 S 14/15, DWW 2015 S. 187.

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