1 Leitsatz

Hat im Vorfeld einer Eigenbedarfskündigung die Bedarfsperson eine von ihr genutzte Wohnung an den kündigenden Vermieter zurückgegeben, damit dieser die Wohnung leer stehend zu einem besseren Kaufpreis veräußern kann, und kündigt der Vermieter daraufhin eine andere vermietete Wohnung, um die Bedarfsperson nunmehr dort unterzubringen, so ist die Eigenbedarfskündigung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam.

2 Normenkette

BGB § 573 Abs. 2 Nr. 3

3 Das Problem

Der Vermieter kann eine Wohnung wegen Eigenbedarfs kündigen, wenn er die Räume für sich oder seine Familien- oder Haushaltsangehörigen benötigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Anders kann die Rechtslage zu beurteilen sein, wenn der Eigenbedarf vom Vermieter erst dadurch geschaffen worden ist, dass die Bedarfsperson eine andere, ebenfalls dem Vermieter gehörende Wohnung geräumt hat, damit der Vermieter diese besser verkaufen kann.

4 Die Entscheidung

In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall verlangte der Vermieter aufgrund einer Eigenbedarfskündigung Räumung und Herausgabe der Wohnung des Mieters, die sein Ehemann als Hauptwohnsitz nutzen will. Einige Zeit vorher hatte der Kläger seinem Ehemann eine vergleichbare Wohnung überlassen, die er aber zur Bildung von Rücklagen verkaufte. Dazu habe er sich aus wirtschaftlichen Gründen entschlossen, weil diese als (dann) freistehende Wohnung zu einem höheren Kaufpreis veräußert werden könne.

Das LG Berlin sah in dieser Sachverhaltskonstellation einen Rechtsmissbrauch, da es dem Kläger primär darum gegangen ist, für eine leere Wohnung einen höheren Kaufpreis zu erzielen. Dies stellt ein Verwertungsinteresse dar, das eine Kündigung allerdings nicht wegen Eigenbedarfs, sondern wegen Hinderung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit nach § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB rechtfertigen kann. Die Voraussetzungen einer Verwertungskündigung sind allerdings deutlich höher als die einer Eigenbedarfskündigung. Diese höheren Anforderungen wollte der Kläger mit der Eigenbedarfskündigung umgehen. Dies stellt nach Auffassung des LG Berlin jedenfalls dann ein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar, wenn die veräußerte und die gekündigte Wohnung im Wesentlichen vergleichbare Eigenschaften aufweisen und die Voraussetzungen einer Verwertungskündigung im Verhältnis zum gekündigten Mieter nicht vorgelegen hätten.

5 Entscheidung

LG Berlin, Urteil v. 2.6.2023, 66 S 170/22

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge