In dem vom LG Berlin entschiedenen Fall hatte die Vermieterin und Klägerin die Wohnung wegen Eigenbedarfs für den Cousin gekündigt. Die Vorinstanz, das AG Berlin, wies die Räumungsklage der Vermieterin ab mit der Begründung, dass Cousins nicht zu den Familienangehörigen zählen (Urteil v. 20.4.2023, 25 C 183/22). Das AG Berlin stützte sich dabei auf die Rechtsprechung des BGH (Urteile v. 2.9.2020, VIII ZR 35/19 und v. 27.1.2010, VIII ZR 159/09), wonach zu den Familienangehörigen nur Personen zählen, denen das Prozessrecht (§ 383 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 52 Abs. 2 Nr. 2 StPO) ein Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen gewährt. Auf einen bestimmten Grad der Verwandtschaft oder eine besondere persönliche Bindung komme es nicht an.

Danach zählen zu den Familienangehörigen die Verwandten in gerader Linie (Kinder, Eltern, Großeltern usw.), Verwandte in der Seitenlinie bis zum 3. Grad (Geschwister, Neffen und Nichten, Tanten und Onkel) sowie Verschwägerte bis zum 2. Grad (Schwiegerkinder und -eltern, Schwager und Schwägerin – nicht aber der sog. "Schwippschwager"); ferner die Ehegatten – selbst dann, wenn sie getrennt leben, ein Scheidungsantrag bereits eingereicht ist oder die Scheidung schon vollzogen wurde (BGH v. 2.9.2020 a. a. O.) sowie Verlobte. Entferntere Verwandten, d.h. solchen, denen kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht (z. B. Cousins), sind auch dann nicht in den Kreis der Bedarfspersonen einzubeziehen, wenn im Einzelfall eine besondere persönliche Beziehung zu der vermietenden Person besteht (so auch Milger, NZM 2014, 769; Fleindl, NZM 2016, 289).

Das LG Berlin hat im Berufungsverfahren die Entscheidung des AG Berlin aufgehoben mit der Begründung, dass der BGH das Bestehen eines Zeugnisverweigerungsrechts lediglich als "Anknüpfungspunkt" für eine Begrenzung des Personenkreises in Betracht gezogen hat und z.B. Cousins – jedenfalls bei Vorliegen einer engen sozialen Bindung – zu den Familienangehörigen zählen können. Dabei kann sich eine enge soziale Bindung mangels Hinzutreten gegenteiliger Anhaltspunkte auch daraus ergeben, dass sich Familienmitglieder zu gemeinsamen immobilienwirtschaftlichen Unternehmungen zusammenschließen, die mit nicht lediglich unerheblichen finanziellen Investitionen verbunden sind

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