Leitsatz

Gegenstand des Berufungsverfahrens war die Frage, wie das Verhalten eines Unterhaltspflichtigen unterhaltsrechtlich zu bewerten ist, der vor Erreichen der allgemeinen gesetzlichen Altersgrenze von der Möglichkeit des Vorruhestandes Gebrauch macht.

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten im November 1969 geheiratet und waren mit Urteil vom 20.1.1995 rechtskräftig geschieden worden. Im Scheidungstermin hatten sie einen Vergleich geschlossen, in dem sich der Ehemann verpflichtet hatte, an die Ehefrau nachehelichen Unterhalt von 860,00 DM zu zahlen. Dieser Betrag wurde seinerzeit bis zum 30.6.1996 festgeschrieben.

Im Jahre 1997 betrieben die Parteien ein Abänderungsverfahren. Die Ehefrau begehrte eine Erhöhung des an sie zu leistenden Unterhalts, der Ehemann erhob hierauf Abänderungswiderklage. Beide Klagen wurden abgewiesen.

Am 12.9.2007 schlossen die Parteien vor dem OLG in einem weiteren Abänderungsverfahren einen Vergleich, in dem sie sich darüber verständigten, dass es bei dem zugunsten der Ehefrau im Vergleich vom 1.12.1994 titulierten Betrag von 860,00 DM = 439,71 EUR verbleiben solle.

Im vorliegenden Verfahren stritten die Parteien zweitinstanzlich, in welcher Höhe und wie lange der Kläger ab 30.6.2009 verpflichtet sei, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt zu zahlen.

Der Kläger befand sich seit dem 1.7.2009 im Vorruhestand und bezog seither eine Altersrente der DRV Bund von netto 1.231,86 EUR sowie eine Betriebsrente von netto 130,55 EUR. Die Beklagte hatte keinen Beruf erlernt und war seit 1988 stundenweise berufstätig. Sie lebte seit Jahren mit einem neuen Partner zusammen.

Der Ehemann begehrte Abänderung des am 12.9.2007 vor dem OLG geschlossenen Vergleichs dahingehend, dass seine Unterhaltsverpflichtung ggü. der Ehefrau mit dem 30.6.2009 entfalle.

Das AG hat den Vergleich vom 12.9.2007 dahingehend abgeändert, dass der Kläger ab 30.6.2009 verpflichtet sei, an die Beklagte monatlichen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 362,00 EUR zu zahlen.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit seiner Berufung.

Sein Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Berufung für unbegründet.

Die Abänderungsklage sei jedenfalls nicht in weitergehendem Umfang begründet, als dies in dem erstinstanzlichen Urteil angenommen worden sei.

Anders als das erstinstanzliche Gericht hielt das OLG die Frühverrentung des Klägers unter den hier gegebenen Umständen für unterhaltsbezogen leichtfertig.

Grundsätzlich sei der zu Unterhalt Verpflichtete regelmäßig unterhaltsrechtlich nicht berechtigt, seine Leistungsfähigkeit durch die Inanspruchnahme der lediglich aus arbeitsmarkt- und sozialpolitischen - und damit wechselnden Vorstellungen unterliegenden - Gründen eingeführten Frühverrentung oder Altersteilzeit einzuschränken (vgl. BGH FamRZ 1999, 708; Senatsurteil vom 30.10.2003 - 6 UF 69/01; OLG Saarbrücken vom 28.10.2004 - 6 WF 75/04 -, juris; Urteile des 2. OLG Saarbrücken des Saarländischen OLG vom 22.12.2008 - 2 UF 10/08 -; v. 18.10.2006 - 2 UF 7/06 -, FamRZ 2007, 1019).

Vorliegend seien keine anerkennenswerten Gründe erkennbar, die trotz des diesbezüglich anzulegenden sehr strengen Maßstabes ausnahmsweise die unterhaltsrechtliche Billigung der Frühverrentung des Klägers zuließen.

Trotz Hinweises an die strengen Anforderungen an die unterhaltsrechtliche Hinnahme einer Frühverrentung habe der Kläger nicht ansatzweise substantiiert dargetan, dass er aus gesundheitlichen oder betriebsbedingten Gründen in den vorgezogenen Ruhestand eingetreten sei oder dies einer gemeinsamen Lebensplanung der Parteien entsprochen habe. Auch weitere Umstände, die der Annahme eines unterhaltsbezogen leichtfertigen Verhaltens des Klägers entgegenständen, seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

Aufseiten des Klägers sei daher von dem Einkommen auszugehen, dass er vor seiner Frühverrentung erzielt habe.

Danach stände der Beklagten ein monatlicher Unterhaltsanspruch von 447,86 EUR zu, so dass der Kläger durch den der Beklagten in dem erstinstanzlichen Urteil zuerkannten Unterhalt nicht benachteiligt sei.

 

Link zur Entscheidung

Saarländisches OLG, Urteil vom 05.08.2010, 6 UF 138/09

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