Leitsatz (amtlich)

Der Verpflichtete ist im Grundsatz unterhaltsrechtlich nicht berechtigt, seine Leistungsfähigkeit durch die Inanspruchnahme der lediglich aus arbeitsmarktpolitischen Gründen eingeführten Altersteilzeit einzuschränken.

 

Verfahrensgang

AG St. Wendel (Urteil vom 31.01.2006; Aktenzeichen 6 F 421/04)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 31.1.2006 verkündete Urteil des AG - FamG - in St. Wendel - 6 F 421/04 - teilweise dahingehend abgeändert, dass der Beklagte unter Abweisung der Klage im Übrigen verurteilt wird, über die bereits zuerkannten Beträge hinaus an die Klägerin weiteren nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 257 EUR für Januar 2005 bis Juni 2005 und 312 EUR ab Juli 2005 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtstreits in der ersten Instanz tragen die Klägerin ¼, der Beklagte ¾, die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

I. Die Parteien sind miteinander verheiratet und leben seit März 2000 getrennt. Aus der Ehe sind die Kinder S., geboren am November 1978 und S1, geboren am August 1983 hervorgegangen.

Die Parteien waren gemeinsam Inhaber eines Kontos bei der ...-Bank, das zum 28.9.2001 mit 2.620,97 DM überzogen war. Die Klägerin hat die Hälfte dieser Schulden beglichen. Außerdem hat sie im Jahr 2001 den Beklagten aufgefordert, zur Vorbereitung von Unterhaltsansprüchen Auskunft über sein Einkommen und sein Vermögen zu erteilen. Dem kam er nicht nach, so dass die Klägerin sich anwaltlicher Hilfe bediente und hierfür Gebühren i.H.v. 635,09 EUR gezahlt hat.

Die am Mai 1950 geborene Klägerin ist ausgebildete Sekretärin und war bis 1979 in einem Steuerberatungsbüro bzw. einem Ingenieurbüro angestellt. Danach war sie nicht mehr berufstätig.

Der am August 1944 geborene Beklagte ist von Beruf Bauzeichner und war bei der S. GmbH" beschäftigt. Dort war er bis Februar 2002 Mitglied des Betriebsrats, wurde jedoch nicht wieder gewählt. Er schloss am 2.12.2002 mit der S. GmbH eine Altersteilzeit-Vereinbarung, wonach mit Wirkung vom 1.1.2003 das bisher bestehende Vollzeitarbeitsverhältnis in ein bis zum 31.8.2007 befristetes Altersteilzeit-Arbeitsverhältnis umgewandelt wurde. Daneben erhielt der Beklagte eine Aufstockung seines nunmehr auf der Grundlage einer Teilzeitbeschäftigung errechneten Einkommens, eine Abfindung i.H.v. 10.000 EUR und eine Versorgungszusage i.H.v. 40.000 EUR zum Ausgleich entstehender Nachteile in der Rentenversicherung. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertragstext (Bl. 109 ff. d.A.) Bezug genommen. Zuletzt verdiente der Beklagte monatlich 2.800 EUR netto. Ab dem 1.1.2005 erhält der Beklagte Arbeitslosengeld bzw. Altersrenten i.H.v. monatlich 1.433,51 EUR.

Mit ihrer am 18.10.2004 eingereichten Klage hat die Klägerin vom Beklagten Auskunft über sein Einkommen sowie unbezifferten Trennungsunterhalt verlangt und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin "monatlichen Mindestunterhalt" i.H.v. 1.208 EUR ab Oktober 2004 zu zahlen. Außerdem hat sie weitere 3.089,78 EUR - nebst Zinsen - geltend gemacht. Zuletzt hat sie Unterhalt für die Zeit ab Oktober 2004 i.H.v. monatlich 1.250 EUR - abzgl. geleisteter Zahlungen - beansprucht.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass sie aufgrund der plötzlichen Trennung vom Beklagten unter einem psychosomatischen Erschöpfungssyndrom leide und sich in psychologische Behandlung habe begeben müssen. Sie bewerbe sich zwar ständig um eine Arbeitsstelle, habe aber auf dem Arbeitsmarkt keine Chance. Für die Bedarfsbemessung sei auf Seiten des Beklagten dessen letztes Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit i.H.v. monatlich netto 2.800 EUR in Ansatz zu bringen. Die Vereinbarung von Altersteilzeit und die damit verbundenen Einkommenseinbußen brauche sich die Klägerin unterhaltsrechtlich nicht entgegenhalten zu lassen. Die Kontoüberziehungen rührten vom Beklagten her, er habe daher auch im Innenverhältnis allein für den Ausgleich des Kontos zu sorgen. Außerdem schulde er der Klägerin die ihr entstandenen Kosten für die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, dass er sich auf die Altersteilzeitvereinbarung eingelassen habe, weil ihm ansonsten gekündigt worden wäre.

In dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das FamG den Beklagten unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt, an die Klägerin monatlichen Unterhalt i.H.v. 187 EUR für Januar 2005 bis Juni 2005, 132 EUR für Juli 2005 bis Dezember 2005, 679 EUR ab Januar 2006 sowie weitere 2.425,09 EUR zzgl. Zinsen zu zahlen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlich zuletzt gestellten Anträge, soweit ihnen in dem angefochtenen Urteil nicht entsprochen wurde, weiterverfolgt. Die Klägerin trägt vor, dass der Beklagte etwa gleichzeitig mit seiner derzeitigen Lebensgefährtin, einer früheren Arbeitskollegin, die Vereinbarung über die Altersteilzeit g...

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