Gleichwohl bleibt auch für Unterhaltsfälle, in denen sich eine Einkommenssteigerung beim Unterhaltsschuldner ergeben hat, die Frage von Bedeutung, ob dieses Einkommen insgesamt für die Bemessung des Ehegattenunterhalts heranzuziehen ist.[92] Dies wird von der Rechtsprechung in den Fällen abgelehnt, in denen die Einkommenserzielung nichts bereits in der Ehe angelegt war.

Begrifflich ist dieser Teil schwer zu fassen, wenn die Überlegung jedoch davon ausgeht, dass ein einmal erreichtes Erwerbseinkommen bereits zu einem bestimmten Zeitpunkt während der Ehe dem Grunde nach vorhanden war, sich aber erst möglicherweise Jahre nach der Trennung oder Scheidung konkretisiert bzw. realisiert.

Eine sehr einfache Definition des Karrieresprungs hat das OLG Köln in seiner Entscheidung v. 29.12.2003[93] versucht . Nach Auffassung des 14. Zivilsenats des OLG Köln ist von einem Karrieresprung immer dann auszugehen, wenn es sich um eine erhebliche unerwartete Einkommensverbesserung handelt, die aus der Tätigkeit in einer anderen Funktion oder einem anderen Tätigkeitsbereich resultiert. Die notwendige Höhe der Einkommensverbesserung definiert das OLG mit 20 % über dem bisher erzielten Einkommen.

Auch wenn die tatsächlichen Verhältnisse – der Unterhaltsschuldner war bei der Scheidung Bankangestellter und stieg zum Abteilungsdirektor mit Prokura auf – das Ergebnis der Entscheidung rechtfertigen, erscheint das Abstellen auf die (unerwartete) Einkommensverbesserung infolge einer anderen Tätigkeit ein nur bedingt taugliches Kriterium für die Qualifizierung des Begriffs des Karrieresprungs zu sein.

In anderen Fällen hat die Rechtsprechung einen Karrieresprung bei folgenden Konstellationen bejaht:

  • Aufstieg vom Verkaufsleiter einer Firma zum Geschäftsführer,[94]
  • Einkommenserhöhungen aufgrund von Regelbeförderungen,[95]
  • allgemeine Erhöhungen, z.B. tariflicher Art,[96]
  • bei einer erstmaligen beruflichen Tätigkeit nach der Trennung, wenn der Abschluss der Ausbildung schon vorliegt und der Beginn der Erwerbstätigkeit schon vor der Trennung angelegt war,[97]
  • bei einem Berufswechsel, wenn sich frühere und jetzige Einkünfte im selben Rahmen bewegen[98].

Verneint wurde ein Karrieresprung bei

  • der Beförderung vom kaufmännischen Sachbearbeiter zum Abteilungsbereichsleiter,[99]
  • dem Aufrücken aus dem mittleren Management in die obere Führungsebene eines großen Chemieunternehmens,[100]
  • der Beförderung aus der Gehaltsstufe A 14 zum Studiendirektor (A 15),[101]
  • einem Wechsel von einer beamteten Tätigkeit bei der DB zu einer höher bezahlten Tätigkeit bei der Bahn-AG,[102]
  • einem Aufstieg vom Verkaufsleiter zum Geschäftsführer,[103]
  • einer Beförderung eines Vollzugsbeamten von der Besoldungsgruppe A 12 in eine Besoldungsgruppe A 13,[104]
  • einem Berufswechsel vom Angestellten zum freien Handelsvertreter,[105]
  • einer durch die Wiedervereinigung bedingten Beförderung von einer Richterstelle der Besoldungsgruppe R2 auf R3[106].

In den Fällen, in denen der Unterhaltsschuldner neben dem Ehegattenunterhalt auch Kindesunterhalt schuldet, muss im Hinblick auf das aus dem Karrieresprung erzielte Einkommen differenziert werden: Der Kindesunterhalt ist, da es insoweit lediglich auf die tatsächliche Einkommenssituation ankommt, aus dem höheren Einkommen zu bemessen.

Schuldet allerdings der Unterhaltspflichtige Ehegattenunterhalt und bleibt für dessen Bemessung das Einkommen aus dem Karrieresprung unberücksichtigt, ist der Kindesunterhalt bei der Bemessung des Unterhalts nur insoweit abzusetzen, als er sich aus dem geringeren Einkommen ergibt.[107]

[94] OLG München, FamRZ 1997, 613.
[95] BGH, FamRZ 1982, 684; OLG Köln, FamRZ 1993, 711.
[96] BGH, FamRZ 1987, 459 = NJW 1987, 1555; BGH, FamRZ 1982, 576.
[97] BGH, FamRZ 1986, 148.
[98] BGH, FamRZ 1985, 911 = NJW 1985, 2268.
[99] OLG Hamm, FamRZ 1990, 65.
[102] OLG Koblenz, FamRZ 1997, 371.
[103] OLG München, FamRZ 1997, 613; OLG Hamm, FamRZ 1994, 515.
[104] OLG Koblenz, FamRZ 1997, 1079.
[105] OLG Stuttgart, FamRZ 1991, 952.
[106] OLG Celle, FamRZ 1999, 858.
[107] BGH, FamRZ 2007, 1232 (für den nachehelichen Unterhalt).

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