Rdn 2174

 

Literaturhinweise:

Groß, Gegen den Mißbrauch strafrechtlicher Ermittlungen zur Vorbereitung eines Zivilverfahrens – Abgebrochene gesetzgeberische Vorüberlegungen, GA 1996, 151

R. Hamm, Mißbrauch des Strafrechts, NJW 1996, 298

Knauer, Pilotverfahren im Strafprozess Zur Frage der Zulässigkeit von strafrechtlichen Musterprozessen, ZStW 120, 826

Kühne, Wer mißbraucht den Strafprozeß?, StV 1996, 684

Schwind

Staatsanwaltschaftlicher Umgang mit nach § 149 ZPO ausgesetzten Zivilverfahren, NStZ 2006, 598

s.a. die Hinw. bei → Einstellung des Verfahrens, Allgemeines, Teil E Rdn 2043.

 

Rdn 2175

1. § 154d bietet der StA die Möglichkeit, das Verfahren einzustellen, wenn schwierige, nach bür­gerlichem oder nach Verwaltungsrecht zu beurteilende Vorfragen zu klären sind. Damit hat die StA ein Mittel, um Verfahren, die nur der Vorbereitung eines anderen Verfahrens, z.B. eines Zivilverfahrens dienen sollen, einzustellen (zum Sinn und Zweck OLG Nürnberg StraFo 2011, 184; zu den ­Voraussetzungen der Aussetzung eines Zivilverfahrens bis zur Erledigung eines Strafverfahrens nach § 149 ZPO OLG Celle, Beschl. v. 7.1.2003 – 20 W 31/02; dazu Schwind NStZ 2006, 598). Knauer (ZStW 120, 286) verneint die Zulässigkeit von strafrechtlichen Musterverfahren unter Anwendung des § 154d.

 

☆ Der Verteidiger wird daher immer dann eine Einstellung des Verfahrens nach § 154d anregen , wenn z.B. das Strafverfahren gegen seinen Mandanten zur Vorbereitung eines Zivilprozesses missbraucht werden soll (OLG Nürnberg, a.a.O.) und auf das Risiko einer entsprechenden Einstellung hinweisen, wenn er mit der Erstattung einer Strafanzeige betraut werden soll.anregen, wenn z.B. das Strafverfahren gegen seinen Mandanten zur Vorbereitung eines Zivilprozesses "missbraucht" werden soll (OLG Nürnberg, a.a.O.) und auf das Risiko einer entsprechenden Einstellung hinweisen, wenn er mit der Erstattung einer Strafanzeige betraut werden soll.

 

Rdn 2176

2. Im Einzelnen gilt:

§ 154d gilt nach S. 1 nur für Vergehen.
Bei der zu klärenden Vorfrage muss es sich um eine materiell-rechtliche Frage handeln, die bei Durchführung des Strafverfahrens erst von der StA entschieden werden müsste, wie z.B. in Verfahren wegen Unterhaltspflichtverletzung nach § 170 StGB die der Abstammung, wenn diese bestritten werden soll (KK-Diemer, § 154d Rn 2), oder Eigentumsfragen bei Betrug und/oder Diebstahl (§§ 242, 263 StGB; OLG Nürnberg StraFo 2011, 184). § 154d gilt i.Ü. für arbeits- und sozialrechtliche Fragen entsprechend (KK-Diemer, § 154d Rn 4). Nicht ausreichend ist die Aufklärung von Tatsachen, die auch für das Strafverfahren erforderlich wären (OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 145 m.w.N.).
§ 154d gilt nicht für rechtliche Schwierigkeiten, wie z.B. bei umfangreichen Betrugsanzeigen, und auch nicht für Vorfragen, über die im Strafverfahren nicht zu entscheiden wäre (Meyer-Goßner/Schmitt, § 154d Rn 1, 3). Die Fristsetzung ist nur zulässig, wenn ein Prozessrechtsverhältnis vorstellbar ist, das einige Aussicht dafür bietet, die im Strafverfahren erhebliche Frage zu klären (OLG Brandenburg NJ 1997, 377).
 

Rdn 2177

3. Verfahrensmäßig ist Folgendes zu beachten:

Die StA setzt zur Klärung der Vorfrage eine Frist. Diese muss den Umständen entsprechend angemessen sein und dem Anzeigenden zunächst die Einleitung des anderen Verfahrens ermöglichen (KK-Diemer, § 154d Rn 5). Ist die Frist zu kurz, kann sie verlängert werden.
Von der Fristsetzung ist der Anzeigende zu benachrichtigen (§ 154d Rn 2).
Lässt er die Frist ungenutzt verstreichen, kann die StA das Verfahren einstellen oder aber fortsetzen, was sie i.d.R. nicht tun wird. Stellt die StA ein, muss sie den verletzten Antragsteller nach §§ 171 S. 2, 172 Abs. 1 belehren (LR-Beulke, § 154d Rn 17).

Folgende Rechtsmittel stehen zur Verfügung:

Gegen die (Länge der) Fristsetzung kann nach allg. Meinung nur → Dienstaufsichtsbeschwerde, Teil D Rdn 1635, erhoben werden (Meyer-Goßner/Schmitt, § 154d Rn 4 m.w.N.), das Klageerzwingungsverfahren kann noch nicht eingeleitet werden.
Wird das Verfahren endgültig nach § 154d S. 3 eingestellt, kann dagegen gem. § 172 Abs. 1 vorgegangen werden (vgl. OLG Brandenburg NJ 1997, 377; OLG Nürnberg StraFo 2011, 184; → Klageerzwingungsverfahren, Allgemeines, Teil K Rdn 2751, m.w.N.). Das OLG entscheidet aber nur darüber, ob die Voraussetzungen für die Fristsetzung erfüllt waren und ob diese Entscheidung oder die Einstellung nach Ablauf der Frist ermessensfehlerhaft war (OLG Brandenburg, a.a.O.; OLG Nürnberg, a.a.O.; s.a. OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 145, wonach das Klageerzwingungsverfahren auch unzulässig ist, wenn die Voraussetzungen des § 154d vorliegen und es geboten erscheint, die Klärung der Vorfrage in einem Zivilverfahren abzuwarten).

Siehe auch: → Einstellung des Verfahrens, Allgemeines, Teil E Rdn 2042, m.w.N.

[Autor] Burhoff/Schneider

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