Rz. 630

Ist das Mietverhältnis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits beendet, trifft den Verwalter keine Pflicht, die vom Schuldner versäumte Abrechnung der Nebenkosten nachzuholen. Der Mieter muss sich deshalb an den bisherigen Eigentümer wenden.[104]

 

Rz. 631

Abschläge auf die Nebenkosten kann der Zwangsverwalter nur verlangen, wenn dies im Mietvertrag vereinbart ist. Anderenfalls erfolgt deren Abrechnung nach Ablauf der Periode des § 556 Abs. 3 BGB. Ist keine Zahlung der Nebenkosten vereinbart (Warmmiete), kann auch der Verwalter ein künftiges Verlangen nicht durchsetzen (wegen der Nebenkosten der Schuldnerwohnung siehe § 2 Rn 573).

 

Rz. 632

Normalerweise erfolgt die Anordnung der Zwangsverwaltung während der jährlichen Abrechnungsperiode, die sich aus dem Mietvertrag ergibt (556 Abs. 3 BGB). Dies ist oft, aber nicht zwingend, das Kalenderjahr. Der Verwalter hat diese Abrechnung vorzunehmen. Er wird versuchen, vom Schuldner Unterlagen zu erhalten, aus denen sich ergibt, was dieser bereits aus den von ihm eingenommenen Abschlägen bezahlt hat. Zwangsweise Wegnahme mit dem Anordnungsbeschluss als Titel wäre möglich (siehe § 2 Rn 561). Evtl. kommt der Verwalter aber schneller zu den von ihm benötigten Zahlen, wenn er sich bei Gemeinden (Grundsteuer) und Versorgern[105] (Gas, Wasser, Strom) erkundigt, wie hoch die das Objekt betreffenden Abschläge sind und ob sie bezahlt wurden. Der Verwalter handelt "unverschuldet" im Sinne des § 556 Abs. 3 BGB, wenn er statt gegen den Schuldner vorzugehen, unverzüglich bei den "Lieferanten" anfragt und deren Antwort abwartet.[106] Das Verschulden des Eigentümers muss er sich nicht nach § 166 BGB anrechnen lassen, weshalb die Mieter kein Zurückbehaltungsrecht auf die Vorauszahlungen haben, wenn der Verwalter deshalb zu spät abrechnet. Ein bereits vorher gegenüber dem Schuldner entstandenes Zurückbehaltungsrecht muss der Verwalter aber gegen sich gelten lassen,[107] wenn es jetzt gegen ihn geltend gemacht wird. Der Versuch, beim Schuldner die Herausgabe eines Überschusses zu erreichen, ist zulässig, aber meist aussichtslos.

 

Rz. 633

Ergibt dieser erste Überblick, dass der zwischen Schuldner und Mieter angesetzte Abschlag zu niedrig ist, kann der Verwalter auch innerhalb der laufenden Abrechnungsperiode eine Erhöhung verlangen,[108] sogar dann, wenn eine zurückliegende, bereits abgelaufene, Abrechnungsperiode noch nicht abgerechnet und jetzt von Verwalter abzurechnen ist. Entscheidend ist, dass überhaupt eine abgerechnete Periode als Grundlage für das Begehren vorhanden ist. Eine rückwirkende Erhöhung der Abschläge ist nicht zulässig. Wendet der Mieter mangelnde Wirtschaftlichkeit (§ 556 Abs. 3 BGB) ein, trägt er hierfür die Darlegungs- und Beweislast.[109]

 

Rz. 634

Nach Ablauf des Rechnungsjahres erstellt der Verwalter dem Mieter eine Abrechnung über die Nebenkosten, welche der BetrKV[110] und der HeizkostenVO[111] in der jeweiligen Fassung entspricht. Ergibt sich eine Nachzahlungspflicht, hat sie der Verwalter unverzüglich einzufordern; eine Rückzahlungsverpflichtung muss er gemäß § 155 Abs. 1 ZVG notfalls auch aus beschlagnahmten Geldern oder einem Gläubigervorschuss erfüllen. Der Mieter wird von der Nachzahlungspflicht grundsätzlich frei, wenn die Abrechnung nicht spätestens innerhalb des 12. Monats nach Ablauf der Abrechnungsperiode erfolgt. Der Verwalter trägt die Beweislast für den rechtzeitigen Zugang. Rechnet er falsch oder schuldhaft verspätet ab, haftet er für die Rechtsverfolgungskosten des Mieters.[112] Dieser ist jedoch nicht berechtigt, die Rückzahlung sämtlicher Abschläge zu verlangen, weil die Abrechnung nicht fristgemäß erfolgte.[113] Eine falsche oder unvollständige Abrechnung kann zur Unwirksamkeit der Abrechnung aus formellen Gründen führen, womit die Frist nicht gewahrt wäre. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Fehler so offensichtlich ist, dass ihn jeder ohne Weiteres sofort erkennen kann.[114]

 

Rz. 635

Da also die Abschläge auf die Nebenkosten beim Verwalter nur "durchlaufende Posten" sind, erscheint es angebracht (und auch trotz der Verbindlichkeit der §§ 13 ff. ZwVwV zulässig), die Einnahmen aus Abschlägen und die hieraus bezahlten Aufwendungen in einer Nebenrechnung zu buchen. Bei mehreren Mietwohnungen erfolgt die Umlage nach Maßgabe von § 556a BGB bzw. aufgrund des vereinbarten Schlüssels, soweit keine Einzelmessung möglich ist. Der Verwalter sollte beachten, dass die Schätzung der Heizkosten, wenn ein Mieter den Zutritt verweigert, zu Problemen mit den anderen Mietern führen kann, deren Heizkosten gemessen wurden.[115] Er muss deshalb – zu seinem eigenen Schutz – den Zugang der Ableser beim unwilligen Mieter erzwingen.

 

Rz. 636

Für ein bei Beschlagnahme noch bestehendes Mietverhältnis muss der Verwalter noch alle offen stehenden Abrechnungen nachholen, auch wenn er wegen des Fristablaufes keine Nachzahlung mehr zur Masse ziehen kann.[116] Evtl. anfallende Rückzahlungen an die Mieter muss er mit beschlagnahmtem Geld, hilfsweise aus einem Vorschuss des Gläubiger...

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