Rz. 725

Die allgemein vertretene Auffassung, die Prozessführungsbefugnis (einschließlich der Passivlegitimation) ende mit der Aufhebung des Verfahrens, ist erläuterungsbedürftig. Richtig ist, dass sie grundsätzlich mit dem Wegfall der Beschlagnahme als Grundlage des Verwaltungsrechtes (§ 152 Abs. 1 ZVG) endet.

 

Rz. 726

Es ist also stets die Frage aufzuwerfen, wann die Beschlagnahme endet – und dies muss nicht mit dem Datum des Aufhebungsbeschlusses zusammenfallen:

Bei Antragsrücknahme endet die Beschlagnahme mit dem konstitutiven Beschluss des Gerichts. Durch eine Anordnung nach § 12 ZwVwV kann eine Beschlagnahme nicht aufrechterhalten werden, da § 152a ZVG dem Verordnungsgeber eine solche Macht nicht einräumt. Ein (nur) mit dieser Befugnis erstrittener Geldbetrag wäre dem Schuldner auszuhändigen und nicht gemäß Teilungsplan zu verteilen. Eine andere Anordnung in der Ermächtigung § 12 ZwVwV wäre unzulässig und wirkungslos. Nur wenn der Gläubiger seine Antragsrücknahme entsprechend beschränkt und das Gericht dies in seinem Beschluss zum Ausdruck gebracht hat, kann er innerhalb der Beschränkung den Rechtsstreit weiter führen.[189] Denkbar sind auch Prozesshandlungen, die keinen Aufschub dulden und vorzunehmen sind, bevor der Schuldner in den Rechtsstreit eintreten kann.
Dies mag anders sein, wenn es um die Abwicklung des Rechtsstreits geht oder der Prozess wegen einer "Verwaltungshandlung" geführt wird. Das Vollstreckungsgericht kann nach der hier vertretenen Auffassung z.B. dem Verwalter nach § 12 Abs. 2 ZwVwV gestatten, noch die Kostenfestsetzung zugunsten der Masse zu betreiben oder sich einer Kostenfestsetzung gegen die Masse mit Rechtsbehelfen zu erwehren; oder aber z.B. einen gegen ihn anhängigen Rechtstreit um die Richtigkeit seiner Nebenkostenabrechnung[190] weiter zu führen; nicht aber – im Falle uneingeschränkter Rücknahme – einen Prozess auf Mietzahlung zu Ende zu bringen.
In den Fällen § 161 Abs. 2 und 3 ZVG endet die Beschlagnahme ebenfalls mit dem Aufhebungsbeschluss, falls das Gericht nicht die Wirkungen an den Eintritt der Rechtskraft geknüpft hat. Somit gilt das Gleiche wie bei der Aufhebung nach Antragsrücknahme.
Endet die Verwaltung durch Zuschlag, wird die Beschlagnahme der nicht mitversteigerten Gegenstände weder vom Zuschlag noch vom Aufhebungsbeschluss berührt (siehe § 1 Rn 456 ff.). Somit bedarf es keiner Entscheidung des Gerichts nach § 12 Abs. 2 ZwVwV um den Verwalter zu ermächtigen, einen Prozess bezüglich eines immer noch beschlagnahmten Gegenstandes weiter zu führen oder auch neu zu beginnen (siehe § 1 Rn 456). Macht der Zwangsverwalter neben rückständiger Miete aus der Zeit vor dem Zuschlag auch noch Nebenkosten-Nachzahlungen geltend, sollte er sich hierfür eine Ermächtigung nach § 12 Abs. 2 ZwVwV einholen, da diese Nebenkosten nach hiesiger Auffassung nicht beschlagnahmt sind und somit das Einzugsrecht mit der Aufhebung/Freigabe endet. Soweit Miete und Nebenkosten gleichzeitig einzuziehen sind, kann die Ermächtigung schadlos auf Miete und Nebenkosten ausgestellt werden, auch wenn sie für erstere nicht benötigt würde.
 

Rz. 727

Insoweit ist auch die Entscheidung des LG Frankfurt[191] kein Widerspruch zu der hier vertretenen Auffassung, da dieses entgegen der h.M.[192] auch im Falle der Aufhebung nach Zuschlag dem Aufhebungsbeschluss eine konstitutive Wirkung bezüglich der nicht versteigerten Gegenstände zugemessen und deshalb konsequent – wenn auch nach hiesiger Auffassung im Ergebnis unzutreffend – dem Verwalter die Prozessführungsbefugnis versagt hat.

 

Rz. 728

Dagegen ist der Auffassung des OLG Frankfurt[193] beizupflichten, welches dem Verwalter die weiterwirkende Prozessführungsbefugnis versagt hat, nachdem die Beschlagnahme in der Zwangsverwaltung durch die Antragsrücknahme beendet und das Verfahren aufgehoben war.

 

Rz. 729

Während allgemein angenommen wird, dass der Verwalter nach Beendigung der Beschlagnahme keine neuen Rechtsstreite beginnen darf, wird ihm in der Literatur unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BGH[194] eine so genannte "nachwirkende Prozessführungsbefugnis" zugestanden, um anhängige Prozesse zu Ende zu bringen. Hier liegt aber ein Missverständnis vor. "Nachwirkend" erscheint diese Prozessführungsbefugnis nur dann, wenn man

vom Datum des Aufhebungsbeschlusses ausgeht und nicht vom Ende der Beschlagnahme oder
das Ende der Beschlagnahme anders als der BGH definieren will (siehe § 2 Rn 727).

Auch der BGH hat seine angeblich "nachwirkende Prozessführungsbefugnis" richtigerweise mit dem Fortbestand der Beschlagnahme begründet.

 

Rz. 730

Somit kann der Verwalter nach Aufhebung der Zwangsverwaltung nicht mehr klageweise auf Rückgabe einer Mietsicherheit (Kaution) in Anspruch genommen werden, wenn der Rechtsstreit erst nach Aufhebung der Zwangsverwaltung rechtshängig wurde. Die Klage wäre als unzulässig abzuweisen.[195] Nach der hier vertretenen Auffassung kann das Gericht den Verwalter nicht nach § 12 Abs. 2 ZwVwV verpflichten, einen solchen Prozess doch noch...

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