Rz. 456

Spätestens seit der Entscheidung des BGH[350] ist die gesamte Literatur und Rechtsprechung davon ausgegangen, dass die Aufhebungsentscheidung des Gerichts die Beschlagnahme nur gegenüber dem Ersteher, nicht aber gegenüber dem Schuldner beeinträchtige und dass deshalb die Erträge aus der Zeit vor dem Zuschlag auch nach der Aufhebung noch beschlagnahmt seien. Der Verwalter habe also noch offen stehende Forderungen einzuziehen, soweit sie der Gläubiger nicht aus der Beschlagnahme freigibt und alle hierfür anfallenden Gelder noch gemäß dem Teilungsplan (unter Berücksichtigung der Verteilung des Versteigerungserlöses) auszukehren.[351] Hierzu kann er nicht nur Prozesse weiter führen, die bereits anhängig waren, sondern auch neue Prozesse beginnen.[352] Es bedarf hierzu keiner Ermächtigung nach § 12 Abs. 2 ZwVwV, auch wenn der BGH eine solche zur formalen Klarstellung als zulässig und sinnvoll angesehen hat.

 

Rz. 457

Gleiches muss für Sachen gelten,[353] welche nicht mitversteigert wurden; sei es, dass sie von der Versteigerung nicht erfasst oder vom Gläubiger dort freigegeben wurden.

Rechte, die sich bisher nur aus der "Verwaltungsbefugnis" ableiteten, sich aber auf jetzt nicht mehr beschlagnahmte Gegenstände beziehen (z.B. siehe § 2 Rn 649) kann der Verwalter nur geltend machen, solange die Verwaltung nicht aufgehoben ist – oder aber, wenn das Gericht bei der "Aufhebung" (= Freigabe) gemäß § 12 ZwVwV deren Geltendmachung gestattet hat.[354]

 

Rz. 458

Die in letzter Zeit gelegentlich vertretene[355] Auffassung, der Aufhebungsbeschluss beseitige als "actus contrarius" auch die Beschlagnahme der vor dem Zuschlag angefallenen Mieten usw. sowie des Kassenbestandes beim Verwalter, hat sich als unzutreffend nicht durchsetzen können (dazu aber siehe auch § 1 Rn 440).[356]

 

Rz. 459

Sind nach Aufhebung (Freigabe) bezüglich der versteigerten Gegenstände keine weiter beschlagnahmten Gegenstände mehr vorhanden, kann das Verfahren ohne weitere gerichtliche Entscheidung durch Einreichung des Schlussberichtes und des Vergütungsantrages und durch Rückgabe der Bestallung und der Ausfertigung des Anordnungsbeschlusses abgeschlossen werden, wie dies § 12 ZwVwV vorsieht. Eine formelle Feststellung der Beendigung ist nicht vorgesehen und auch nicht erforderlich.[357]

 

Rz. 460

Gleiches gilt, wenn noch beschlagnahmte Forderungen vorhanden sind und der Verwalter diese einzieht und den Erlös nach § 155 Abs. 1 ZVG verwendet bzw. nach § 155 Abs. 2 ZVG verteilt. War bisher noch kein Teilungsplan aufgestellt und sind Gelder vorhanden, die nur gemäß eines solchen verteilt werden dürfen, kann jetzt noch ein Teilungstermin stattfinden, wobei natürlich die Befriedigung im Zwangsversteigerungsverfahren zu beachten ist.[358]

 

Rz. 461

Nimmt jedoch der Gläubiger bezüglich der verbliebenen noch beschlagnahmten Beträge den Antrag zurück (= verzichtet auf deren Verfolgung), hat die Praxis jetzt ein Problem. Bisher konnte man einfach die Rücknahme als (konstitutive) Erledigung ansehen und auf den (deklaratorischen) Beschluss verzichten. Mit Rücksicht auf die Entscheidung des BGH[359] ist dies nun nicht mehr möglich. Das Gericht muss – erneut – aufheben, diesmal also bezüglich der beschlagnahmt gebliebenen Gegenstände. Geschieht dies nicht, bleiben diese Gegenstände "auf ewig" beschlagnahmt und der Schuldner kann diese ihm zustehenden Beträge nicht einziehen und das Gericht kann den vom Verwalter bereits erwirkten Titel nicht auf ihn umschreiben! Hier sieht man, wie sachdienlich es wäre, nach Zuschlag bezüglich der versteigerten Gegenstände von "Freigabe" und nicht von "Aufhebung" zu sprechen.

 

Rz. 462

Da der Ersteher nicht der Rechtsnachfolger des Zwangsverwalters ist, kann ein von diesem erwirkter Titel auf Räumung und Herausgabe nicht auf ihn umgeschrieben werden.[360] Dies ist auch nicht erforderlich. Es ist davon auszugehen, dass ein Recht zum Besitz des Dritten, gegen den sich der Titel richtet, vom Zwangsverwalter z.B. durch Kündigung beendet wurde oder überhaupt nicht bestand. Dies wirkt auch zugunsten des Erstehers. Somit hat der Dritte auch ihm gegenüber kein Recht zum Besitz (mehr) und der Ersteher kann sich mit einer Klausel auf dem Zuschlagsbeschluss problemlos einen Räumungstitel verschaffen (§ 93 Abs. 1 ZVG).

 

Rz. 463

Leistet der Zwangsverwalter auf eine Forderung gegen den Schuldner eine Abschlagszahlung, muss der Schuldner den Neubeginn der Verjährungsfrist (§ 212 Abs. 1 BGB) gegen sich gelten lassen, wenn der Zwangsverwalter im Rahmen seiner Befugnisse gezahlt hat. Dies gilt nicht, wenn er eine Zahlung leistet, die er nicht leisten durfte (hier: rückständiges Hausgeld).[361]

 

Rz. 464

Für die Vergütung des Verwalters endet der laufende Abrechnungszeitraum erst mit der Aufhebung des Verfahrens, also nicht durch den Zuschlag. Erfolgt die Aufhebung nicht sofort, da noch Abwicklungen aus der Zeit vor dem Zuschlag ausstehen, kann also ein Abrechnungszeitraum auch durch Zeitablauf enden und ein neuer beginnen. Auch hierfür ist eine Rücklage (§ 155 Abs....

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