Rz. 439

Wenn aber der Ersteher bereits durch den Zuschlag die mitversteigerten beschlagnahmten Gegenstände und Erträge beschlagnahmefrei erhalten hat, bedarf es hierfür keiner nochmaligen Entscheidung. Verblieben ist (nur) die Verwaltungsbefugnis des Verwalters, welche sich zwar von der Beschlagnahme ableitete (§ 148 Abs. 2 ZVG), jedoch – einmal "in die Welt gesetzt" – vom Fortbestand der Beschlagnahme nicht abhängt. Diese "Verfahrensfolge" bedarf der Beseitigung innerhalb des Verfahrens, das sie geschaffen hat, also innerhalb des Zwangsverwaltungsverfahrens.

 

Rz. 440

Erforderlich ist demnach nur noch die "Freigabe" der versteigerten Gegenstände aus der Verwaltung, also eine Art "Entstrickung"[327] – und eine entsprechende Bezeichnung[328] würde manche Irritation ersparen. Das Wort "Aufhebung" lässt eben stets an einen "actus contrarius" bezüglich des Gesamtverfahrens denken.

Es steht zu befürchten, dass die überkommene und in der Praxis noch weit verbreitete pauschale "Aufhebung" einmal von einem Prozessgericht als zwar unberechtigte, aber wirksame Beendigung der Beschlagnahme auch der nicht mitversteigerten Gegenstände angesehen wird und dies Schadensersatzforderungen auslöst. Auch inhaltlich unzulässige Beschlüsse können irreversible Folgen haben. Siehe dazu auch die Beiträge von Ganter[329] und Mayer.[330]

 

Rz. 441

Ein Blick auf das Gesamtsystem des ZVG lässt die Rechtsgrundlage für diese "eingeschränkte Aufhebung" erkennen:

Der Ersteher ist Eigentümer, beschränkt durch das fortbestehende Verwaltungsrecht; dieses entstanden durch eine Vollstreckung, an welcher er nicht beteiligt ist. Seine Situation entspricht also der eines Eigentümers, dessen Eigentum irrtümlich gepfändet wurde. Es ist kein Pfandrecht entstanden (= die Beschlagnahme besteht nicht mehr), jedoch hat die Pfändung eine "Verstrickung" bewirkt (= das Verwaltungsrecht besteht weiter). Ein solcher Eigentümer wehrt sich mit Intervention nach § 771 ZPO.

 

Rz. 442

Nun sieht aber § 28 ZVG die Beachtung von Drittrechten gegenüber dem Gläubiger innerhalb des eigenen[331] Verfahrens vor. Deshalb verweist § 161 Abs. 4 auf § 28 ZVG und enthält somit die vielgesuchte Rechtsgrundlage für die "Aufhebung" des Verfahrens nach Zuschlag. Es handelt sich somit um eine Entscheidung, die nur zwischen Ersteher und Gläubiger ergeht und an welcher der Schuldner nicht beteiligt ist. Insoweit unterscheidet sich diese "Aufhebung" von den anderen im § 161 ZVG geregelten Fällen, welche alle den Schuldner beteiligen, indem sie die Beschlagnahme beenden (was hier nicht notwendig ist).

 

Rz. 443

Somit kann sich diese Entscheidung nicht auf Gegenstände erstrecken, welche vom Zuschlag nicht erfasst wurden und deren Beschlagnahme also weiter besteht. Der Schuldner kann weder aus dem Zuschlag noch aus einer "Aufhebungs-Entscheidung" einen Anspruch auf Beendigung der Zwangsverwaltung dieser beschlagnahmt gebliebenen Gegenstände herleiten. Für diese gilt vielmehr das im Folgenden erläuterte (siehe § 1 Rn 456 ff.).

[327] Vergleichbar etwa mit der Übergabe eines ersteigerten Gegenstandes durch den Gerichtsvollzieher, nachdem dieser dem Ersteigerer bereits durch den Zuschlag Eigentum verschafft hatte.
[328] Also statt "Aufhebung" besser "Freigabe".
[329] Gan­ter, Die ewige Beschlagnahme in der Zwangsverwaltung, ZfIR 2011, 229.
[330] Mayer, Wer klares Wasser will, muss zur Quelle gehen, ZfIR 2011, 635.
[331] Also keine Verweisung auf die ZPO.

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