1. Form und Inhalt der Entscheidung

 

Rz. 75

Liegen alle Voraussetzungen für die Anordnung vor und sind evtl. Mängel beseitigt, ordnet das Gericht durch Beschluss die Zwangsverwaltung an (§§ 146, 15 ZVG).

Neben den üblichen Angaben, also

Bezeichnung von Gläubiger und Schuldner,
Bezeichnung des Grundstücks,
Bezeichnung des vollstreckbaren Titels,
Bezeichnung der Forderung und gegebenenfalls des dinglichen Rechts,
Bezeichnung der "Rangklasse" (§ 10 ZVG)

wird – soweit möglich – bereits im Anordnungsbeschluss der Zwangsverwalter bestellt (§ 150 Abs. 1 ZVG).

 

Rz. 76

Zusammen mit der Bestellung ist anzuordnen, wie der Verwalter in den Besitz des zu verwaltenden Objektes gelangen soll. In Betracht kommt die Verschaffung des Besitzes durch einen Gerichtsvollzieher[71] oder aber die Ermächtigung, sich selbst den Besitz zu verschaffen (zur Besitzergreifung siehe § 2 Rn 555 ff.).

 

Rz. 77

Eickmann[72] vertritt mit guten Gründen unter Hinweis auf § 870 BGB die Auffassung, beides sei nur möglich, wenn der Schuldner unmittelbarer Besitzer ist. Bei nur mittelbarem Besitz müsse im Beschluss eine Einweisung des Verwalters in den Besitz erfolgen (vergleichbar mit § 835 ZPO), da nur der unmittelbare Besitz (§ 854 BGB) ergriffen oder übergeben werden könne, während der mittelbare Besitz durch einen Realakt nicht zu erlangen sei.

 

Rz. 78

Darf der Verwalter den Besitz eines Dritten (siehe § 1 Rn 70) nicht brechen, ist dies im Beschluss kenntlich zu machen. Eine weitergehende Begründung ist grundsätzlich nicht erforderlich, aber ratsam, wenn Besonderheiten vorliegen, die sich aus den vorgenannten Angaben nicht eindeutig erkennen lassen; so z.B. eine Vollstreckung gegen den noch nicht eingetragenen Erben.

 

Rz. 79

Eine Anhörung des Schuldners vor der Anordnung findet nicht statt. Es soll damit verhindert werden, dass dieser noch rasch eine Verfügung trifft, welche zum Nachteil des Gläubigers zugunsten eines gutgläubigen Dritten wirksam sein könnte. Allerdings sollte man den Schuldner bei der Einweisung durch den Verwalter zuziehen, wenn dies ohne Verzögerung möglich ist und wenn der Anordnungsbeschluss ihm bis dahin noch nicht zugestellt ist (Muster Nr. 2 für einen Anordnungsbeschluss § 5 Rn 1127).[73]

[71] Die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit "oder durch einen sonstigen Beamten" (z.B. Richter, Rechtspfleger, Gemeindebeamter) hat – soweit ersichtlich – keine praktische Bedeutung erlangt.
[72] § 40.II.
[73] Stöber, ZVG, § 150, Anm. 5.3, str.

2. Verwalterauswahl

 

Rz. 80

Der Verwalter wird vom Gericht ausgewählt. Hierbei ist es (Ausnahme siehe § 1 Rn 107) an Wünsche und Vorschläge des Gläubigers nicht gebunden.

Niemand ist verpflichtet, das Amt des Zwangsverwalters anzunehmen. Immer schwierigere und haftungsträchtigere Verfahren und entsprechend höhere Anforderungen an die Qualifikation erfordern eine steigende Sorgfalt bei der Auswahl des Verwalters. Neben der ohnehin zu fordernden Sachkunde soll es sich um eine unabhängige, sozialkompetente Persönlichkeit handeln, welche in der Lage ist, das Amt interessengerecht zu führen, und bei den Betroffenen (Gläubigerbanken, Gemeinden, Energieversorgern, WEG-Verwaltern, Mietern etc.) die erforderliche Akzeptanz erfährt.

 

Rz. 81

In § 1 Abs. 2 ZwVwV sind folgende Kriterien festgelegt:

Es muss eine "natürliche Person" sein; juristische Personen dürfen nicht bestellt werden.
Sie muss "geschäftskundig" sein, also wirtschaftliche und steuerliche Grundkenntnisse haben.
Sie muss eine zur Führung der Verwaltung ausreichende Büroausstattung besitzen.

Zeitgeistgerecht glaubte man ausdrücklich regeln zu müssen, dass es "Zwangsverwalter und Zwangsverwalterinnen" geben kann.

Mit der Vorgabe von Auswahlkriterien übersteigt der Verordnungsgeber ohnehin seine ihm in § 152a ZVG übertragenen Befugnisse,[74] so dass die freie Auswahl unberührt bleibt (wegen der Versicherung, § 1 Abs. 4 ZwVwV, siehe § 2 Rn 540).

 

Rz. 82

Das OLG Koblenz[75] hat nunmehr für die Verwalterauswahl folgende Grundsätze aufgestellt:

Da es für den Zwangsverwalter kein eigenständiges Berufsbild gibt, ist ein Vorauswahlverfahren[76] nicht erforderlich.
Führt das Gericht ein solches Verfahren durch, treffen den Bewerber Mitwirkungspflichten, deren Verletzung die Verweigerung der Aufnahme in eine "Zwangsverwalterliste" rechtfertigen kann.
Neben der ohnehin in § 1 Abs. 4 ZwVwV vorgeschriebenen Haftpflichtversicherung sind Ortsnähe, schnelle Erreichbarkeit und ein ausreichend eingerichtetes Büro – dessen Existenz auch bei einem Anwalt nicht unbedingt vorausgesetzt werden kann – sachgerechte Auswahlkriterien.
Solche Auswahlkriterien sind Teil der Rechtsprechung, kein Justizverwaltungsakt.
 

Rz. 83

Nach der Auffassung des OLG Frankfurt[77] ist der für den jeweiligen Einzelfall bestgeeignete Verwalter zu bestellen und es bestehe keine Notwendigkeit, diese Entscheidung gegenüber anderen Bewerbern zu begründen. Das Rechtsstaatsprinzip gebiete nicht die unbegrenzte Optimierung des gerichtlichen Rechtsschutzes gegenüber anderen Bewerbern, wie auch schon Depré[78] zutreffend festgestellt hatte.

 

Rz. 84

Das Bun...

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