Rz. 444

Nach Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses und Aufhebung des Verfahrens muss der Verwalter dem Ersteher das Grundstück samt den mitversteigerten Gegenständen übergeben.[332] Die Rechtshandlungen, welche der Verwalter in der Zwischenzeit vorgenommen hat, begünstigen und belasten den Ersteher.[333] Daraus ergibt sich, dass man das Verhältnis Verwalter – Ersteher mit einem Satz umschreiben kann: Der Verwalter darf nicht alles, was er kann!

 

Rz. 445

Er haftet dem Ersteher für Rechtshandlungen, welche er nach dem Zuschlag vorgenommen hat.[334] Schon deshalb wird er sein Handeln an der möglicherweise gegensätzlichen Interessenlage messen:

Was dient der Weiterführung der Verwaltung, wenn der Zuschlag aufgehoben wird?
Welche Interessen hat der Ersteher, wenn der Zuschlag rechtskräftig wird?

Ersteres muss er selbst entscheiden, notfalls nach Rücksprache mit dem Gericht. Letzteres wird er beim Ersteher erfragen. Insbesondere bei längerer Karenzzeit bedarf es[335] einer sensiblen Handhabung der Verwaltung in Bezug auf den Ersteher, wobei er dessen Wünsche soweit wie möglich berücksichtigen wird, wenn dies den Interessen der Beteiligten der Zwangsverwaltung nicht zuwiderläuft.

 

Beispiel

Der Zwangsverwalter muss z.B. den mangels Mietzahlung zur Räumung verurteilten Strichjungen nicht noch rasch aus der Wohnung setzen lassen, wenn ihm der Ersteher avisiert, dass dies sein künftiger gleichgeschlechtlicher Lebenspartner sein wird. Das kann er ohne großen Schaden nachholen, wenn der Zuschlag aufgehoben wird. Er wird aber dem Verlangen entgegentreten müssen, kein Heizöl mehr zu kaufen, obwohl sonst die Heizung am nächsten Tag stillstehen wird; der Ersteher aber "die Bude sowieso abreißen will und es ihm nur recht wäre, wenn die Mieter frieren und ausziehen". Ganz besondere Zurückhaltung ist beim Abschluss eines neuen Mietvertrages geboten, welchen der Ersteher ja ohne Sonderkündigungsrecht übernehmen müsste. Einen solchen darf[336] er nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Erstehers abschließen, auch wenn z.B. Mieter für Läden rar geworden sind und jetzt ein langer Leerstand droht.

 

Rz. 446

Übernimmt der Ersteher eine vom Verwalter abgeschlossene Sachversicherung, muss er sich dessen vor dem Zuschlag begangene Vertragsverletzung anrechnen lassen (siehe § 2 Rn 834).

[332] D.h. also, ihm gestatten, den Besitz zu ergreifen und ihm die Verwaltung zu übergeben.
[333] BGHZ 39, 235.
[334] BGH Rpfleger 1963, 285; BGHZ 39, 235.
[335] Auch zur Vermeidung von Haftungsfällen.
[336] Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: "darf" bezieht sich auf das Innenverhältnis! Nach der hier vertretenen Auffassung könnte der Verwalter den Mietvertrag rechtswirksam abschließen.

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