Rz. 71

Hat ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstandes Vermögen von Todes wegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erworben, wird dieses Vermögen dem Anfangsvermögen hinzugerechnet. Dieser sogenannte privilegierte Erwerb ist in § 1374 Abs. 2 BGB geregelt. Der Sinn dieser Regelung besteht darin, solche Vermögensbestandteile einer Ausgleichspflicht zu entziehen, die in keinem Zusammenhang mit der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft stehen, sondern einem Ehegatten von dritter Seite aufgrund persönlicher Beziehungen zu dem Zuwendenden oder aufgrund ähnlicher besonderer Umstände zufließen, an denen der andere Ehegatte keinen Anteil hat.[1] Unter Umständen kann der andere Ehegatte doch von einem privilegierten Erwerb profitieren. Dies ist der Fall, wenn der Vermögensgegenstand, der unter die Regelung des § 1374 Abs. 2 BGB fällt, während der Ehezeit eine Wertsteigerung erfährt.

 

Beispiel

Ein Ehegatte erbt ein Ackerland, das einige Jahre später in Bauland umgewandelt wird.

 

Rz. 72

Der Hinzuerwerb kann nach der Reform auch negativ sein, was sich aus § 1374 Abs. 3 BGB ergibt.

 

Rz. 73

Die Aufzählung der vier Alternativen in § 1374 Abs. 2 BGB ist abschließend, eine analoge Anwendung dieser Vorschrift ist nach der Rechtsprechung des BGH nicht zulässig.[2] Weitere Erwerbstatbestände, an denen der andere Ehegatte auch keinen Anteil hat, wie etwa Lottogewinne[3], Kriegsopferversorgungen[4], Unfallabfindungen für Schadensersatz und Schmerzensgeld[5] oder Restitutionsansprüche[6] können dementsprechend nicht der Privilegierung des § 1374 Abs. 2 BGB unterliegen.

 

Rz. 74

Unerheblich ist das weitere Schicksal der Vermögensmasse, die der Norm des § 1374 Abs. 2 BGB untersteht. Insofern findet § 1374 Abs. 2 BGB auch dann Anwendung, wenn das geerbte oder geschenkte Vermögen im Laufe der Ehezeit verloren geht oder ersetzt wird. Für die Bewertung des nach § 1374 Abs. 2 BGB erworbenen Vermögens kommt es allein auf den Zeitpunkt des Erwerbs an.[7]

3.2.2.1 Von Todes wegen erworben

 

Rz. 75

Der ersten Alternative des § 1374 Abs. 2 BGB ist dasjenige Vermögen zuzuordnen, welches ein Ehegatte nach der Eheschließung aufgrund gesetzlicher oder gewillkürter Erbfolge erhält. Grundsätzlich gehört jeglicher Vermögenserwerb, der seinen Ursprung in den Vorschriften des Erbrechts hat, unter diese Begrifflichkeit subsumiert; insbesondere also dasjenige Vermögen, welches den Ehegatten in Erfüllung eines Pflichtteilanspruchs oder eines Vermächtnisses zufällt, ist von Todes wegen erworben. Auch die Abfindung, die ein Ehegatte während des Güterstandes für einen Verzicht auf Erb-, Erbersatz oder Pflichtteilsansprüche oder für die Ausschlagung eines Vermächtnisses erhält, zählt genauso zum privilegierten Vermögenserwerb wie das Vermögen, das ein Ehegatte im Wege eines Vergleiches in einem Erbschaftsstreit erhält.[1]

3.2.2.2 Mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht erworben

 

Rz. 76

Die zweite Alternative des § 1374 Abs. 2 BGB ist einschlägig, wenn die Handelnden mit der Verschaffung des Vermögensgegenstandes einen erst zukünftigen Erbgang haben vorwegnehmen wollen. Ob ein Vermögen mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht übergeben und erworben wird und damit aufgrund der Regel des § 1374 Abs. 2 BGB als Vermögensposten dem Zugewinn entzogen bleibt, richtet sich in erster Linie danach, ob die Vertragschließenden mit der Übergabe einen erst zukünftigen Erbgang vorwegnehmen wollen.[1]

Ob es sich bei einem Vertrag tatsächlich um eine vorweggenommene Erbfolge handelt, muss durch Auslegung des Vertrages unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Vorgeschichte und der Interessenlage der Beteiligten ermittelt werden[2]

Entscheidend für die Beurteilung, ob ein privilegierter Erwerb i. S. v. § 1374 Abs. 2 BGB vorliegt, ist letztlich, dass die persönliche Beziehung zwischen dem Veräußerer und dem Erwerber bei Vertragsschluss im Vordergrund steht. Denn der Sinn und Zweck der Vorschrift des § 1374 Abs. 2 BGB besteht darin, solche Vermögensbestandteile der Ausgleichspflicht zu entziehen, die in keinem Zusammenhang mit der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft stehen, oder die einem Ehegatten von Dritten aufgrund persönlicher Beziehungen oder ähnlicher Umstände zufließen, an denen der andere Ehegatte keinen Anteil hat. Insoweit besteht kein Grund dafür, einen Ehegatten an einem Erwerb zu beteiligen, der dem anderen aus erbrechtlichen Gründen zugefallen ist. Erreicht wird dieser Ausschluss dadurch, dass der Wert des Erwerbs dem Anfangsvermögen zugeschlagen wird. Aus diesem Grund kann die Bestimmung des § 1374...

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