Leitsatz

  1. Nur im Fall rechnerischer Unschlüssigkeit ist ein Jahresabrechnungs-Genehmigungsbeschluss insgesamt für ungültig zu erklären
  2. Bestehen Buchführungsmängel hinsichtlich des gemeinschaftlichen Verwaltungskontos, kann sich auch ein Beschluss auf Buchprüferbestellung und entsprechende Schadensersatzpflicht des Verwalters hierfür rechtfertigen
 

Normenkette

§ 28 WEG

 

Kommentar

  1. Ist eine zur genehmigenden Beschlussfassung vorgelegte Jahresabrechnung rechnerisch unschlüssig, kann sie insgesamt für ungültig erklärt werden, und zwar insbesondere dann, wenn es an der Übereinstimmung der Entwicklung der Konten und dem Saldo von Einnahmen und Ausgaben fehlt (vorliegend verneint).
  2. Wenn klägerseits eine fehlende Legitimation von Entnahmen aus der Rücklage gerügt wurde, gilt unter Zugrundelegung des Geldflussprinzips, dass die aus einer Rücklage finanzierten Anschaffungen in die Rechnung aufzunehmen sind. Die Darstellung der Rücklage mag zwar mit in der Literatur vertretenen Auffassungen nicht übereinstimmen (vgl. etwa Jennißen, WEG, 2. Aufl., § 28 Rn. 73); nach Auffassung der Kammer deckt sie sich aber mit den Anforderungen, die der BGH in seiner Grundsatzentscheidung v. 4.12.2009 (V ZR 44/09) aufgestellt hat. Die aus der Rücklage bezahlten Maßnahmen sind als Kosten vorliegend aufgeführt, die Zahlungen zur Rücklage sind nur in der Darstellung der Rücklage erfasst. Zudem vermag die Kammer in der konkreten Abrechnung keine Doppelbelastung der Eigentümer mit den Beträgen zur Instandhaltung und Reparatur bestimmter Einrichtungsgegenstände erblicken. Denn bei der Abrechnung werden diese Beträge den einzelnen Eigentümern zwar belastet, aber gleichzeitig wird in der Abrechnung keine Zuführung zur Rücklage als Kostenbeitrag belastet.
  3. Ist von einem Mangel in der Buchführung des Verwalters bei gemeinschaftlicher Kontenführung auszugehen, kann dies dazu führen, dass Eigentümer einen Buchprüfer bestellen müssen und sich der Verwalter hierfür schadensersatzpflichtig macht (vgl. Timme/Batschari, WEG, § 28 Rn. 74).
  4. Über Finanzierungen und Entnahmen aus der Rückstellung beschließen grds. die Eigentümer mehrheitlich im Rahmen des Verwendungszwecks dieser Gelder (vgl. OLG München, NJW 2008 S. 1679). Vorliegend hatte der Verwalter keine Entnahmen außerhalb des Verwendungszwecks der Rücklage ausgegeben. Nachträglich wurden Entnahmen aus der Rücklage jedenfalls durch Abrechnungsbeschluss ordnungsgemäß genehmigt.
Anmerkung

Sollen bestimmte Instandsetzungen des Gemeinschaftseigentums beschlussgemäß aus einem gemeinschaftlichen Rückstellungsvermögen finanziert werden, scheint die abrechnungstechnische Darstellung und Einzelaufteilung solcher Entnahmen auf die einzelnen Eigentümer auch in der Abrechnungssoftware noch immer umstritten, insb. im Hinblick auf die BGH-Grundsatzentscheidung vom 4.12.2009 (V ZR 44/09)). In den Hausgeldvorauszahlungen der einzelnen Eigentümer mit darin auch enthaltenen zweckbestimmten Beiträgen in ein gemeinschaftliches Rückstellungsvermögen dürfen diese bekanntlich nicht mehr als Soll- oder Ist-Ausgaben auf der Ausgabenseite einer Gesamtabrechnung und auch nicht als anteilige Ausgaben in Einzelabrechnungen dargestellt werden, da es sich eben insoweit nicht um abrechnungspflichtige Ausgaben im betreffenden Geschäftsjahr handelt. Müssen allerdings Instandsetzungsausgaben aus einem solchen bestehenden Rückstellungsvermögen finanziert werden, handelt es sich um abzurechnende und einzeln auch auf die Eigentümer aufzuteilende (ggf. auch steuerlich absetzbare) Kosten (Entnahmen), die im Abrechnungswerk auch an bestimmter Stelle darzustellen sind. Buchungsneutral werden solche Instandsetzungsrechnungen allerdings nicht aus einem Rückstellungs-Anlagevermögen (etwa Festgeldkonto) bezahlt, sondern nach ebenfalls ergebnisneutraler Umbuchung vom gemeinschaftlichen Verwaltungskonto. Aus diesem Grund müssen m.E. wohl – auch in Übereinstimmung mit bisheriger Meinung des LG München I – solche Entnahmen auch in der Gesamtabrechnung dargestellt bzw. wenigstens erläutert werden, ebenso analog auch in den Einzelabrechnungen bei gebotener Saldierung aller Eigentümerzahlungen, aber auch anteilig umzulegender Kosten in Erscheinung treten. Ein darstellerisch anderes Ergebnis wäre folgerichtig bei Geldentnahmen aus einem Rückstellungsvermögen (im Sinne einer Teilauseinandersetzung dieses Vermögens), Einzelbelastungen unter der zur Abrechnung gehörenden Darstellung der "Entwicklung des Rücklagevermögens" mit wohl sogar namentlicher Erfassung auszuweisen. Zu dieser Problematik ist auch zurzeit ein Berufungsstreitverfahren beim LG München I zu Az. 1 S 5098/12 WEG rechtshängig.

 

Link zur Entscheidung

LG Köln, Urteil vom 19.01.2012, 29 S 190/11

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