Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Zahlungsanspruch eines Schönheitschirurgen, der die Operation von einem Kollegen ausführen lässt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Lässt ein persönlich verpflichteter Chefarzt die Operation vertragswidrig von einem angestellten Arzt durchführen, schuldet der Patient selbst dann keine Vergütung, wenn der Eingriff sachgemäß erfolgte.

2. Dem Chefarzt steht auch kein Bereicherungsanspruch gegen den Patienten zu. Dabei ist nicht die Wertschätzung der aufgedrängten Bereicherung durch den Leistungsempfänger (Patient) maßgeblich. Wurde die in dieser Form nicht geschuldete Operationsleistung irrtumsfrei oder gar gegen den erklärten Willen des Patienten erbracht, ist der Arzt nach der gesetzlichen Wertung der §§ 814, 613 BGB, 223 StGB nicht schutzwürdig.

 

Normenkette

BGB §§ 123, 133, 157, 275, 280, 326, 346, 611, 613, 812, 814, 818; StGB § 223

 

Verfahrensgang

LG Koblenz (Urteil vom 05.09.2007; Aktenzeichen 10 O 398/06)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 10. Zivilkammer des LG Koblenz vom 5.9.2007 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.750 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8.11.2006 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weiter greifende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die gesamten Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, sofern die Klägerin nicht vor der Vollstreckung eine entsprechende Sicherheit leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die klagende Patientin begehrt von dem beklagten Facharzt für plastische Chirurgie die Rückzahlung des Honorars von 7.765 EUR für einen kosmetischen Eingriff (Bauchdeckenplastik, Narbenkorrektur und Liposuktionsbehandlung).

Zur Begründung hat sie vorgetragen, nach den Vertragsabsprachen, die unstreitig nicht schriftlich fixiert sind, habe der beklagte Inhaber der Privatklinik in seiner Eigenschaft als Chefarzt die Operation persönlich durchführen müssen. Erst im Nachhinein habe sie erfahren, dass die Operation stattdessen von einem angestellten Arzt vorgenommen worden sei. Aus diesem Grund hat die Klägerin den Behandlungsvertrag wegen arglistiger Täuschung angefochten.

Der Beklagte hat erwidert, es sei nicht vereinbart worden, dass er den Eingriff persönlich vornehme. Der operierende Arzt sei gleichermaßen fachlich qualifiziert und erfahren wie er. Alle Patienten würden darüber aufgeklärt, dass der angestellte Arzt für Fettabsaugungen zuständig sei. Dementsprechend sei er auch bei dem Gespräch anwesend gewesen, dass der beklagte Chefarzt unmittelbar vor der Operation mit der Klägerin geführt habe. Die schriftliche Einwilligungserklärung sei nicht personengebunden. Auch postoperativ habe der operierende Arzt die Klägerin betreut. Das sei unbeanstandet geblieben.

Das LG hat Zeugenbeweis erhoben und hiernach die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durchgreifen lassen. Gleichwohl hat es die Klage mit der Begründung abgewiesen, die gebotene Saldierung ergebe, dass dem gezahlten Honorar der Wert der ordnungsgemäß durchgeführten Operation gegenüberstehe. Dieser Wert entspreche der von der Klägerin entrichteten Vergütung.

Mit ihrer Berufung wiederholt die Klägerin den Antrag erster Instanz. Die Erwägungen des LG zur Saldotheorie seien nicht tragfähig. Außerdem werde § 613 BGB ausgehöhlt, wenn eine vertragswidrige Delegation ärztlicher Pflichten folgenlos bleibe.

Der Beklagte meint, im Ergebnis habe das LG richtig entschieden. Der Behandlungsvertrag sei allerdings nicht wirksam angefochten. Eine Zusage, die Klägerin persönlich zu operieren, habe es nicht gegeben. Jedenfalls sei die Klägerin um den Wert der Operation bereichert, die der Operateur gleichermaßen gut wie der Beklagte durchgeführt habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die zulässige Berufung hat bis auf einen geringen Teilbetrag Erfolg.

1. Zur Rückzahlung von 7.100 EUR ist der Beklagte nach §§ 326 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB verpflichtet. Die vom Beklagten höchstpersönlich geschuldete Leistung (Durchführung der Operation durch den Chefarzt) ist dadurch unmöglich geworden, dass der Eingriff ohne eine entsprechende vertragliche oder sonstige Grundlage von einem angestellten Arzt durchgeführt wurde. Ein zweites Mal kann die Leistung, die allein der Beklagte in Person schuldete, nicht erbracht werden; damit ist sie unmöglich i.S.v. § 275 Abs. 1 BGB. Die Rechte der Klägerin bestimmen sich daher nach §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326 BGB. Das folgt aus § 275 Abs. 4 BGB. Der Anspruch des Beklagten auf die Gegenleistung (Vergütung) ist nach § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB entfallen. Da diese Leistung jedoch durch Zahlung der Klägerin bewirkt ist, muss der Beklagte das Empfangene nach §§ 326 Abs. 4, 346 Abs. 1 BGB zurückgewähren. Das sind die...

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