Leitsatz

Überzeugende Grundsatzentscheidung des Landgerichts München I insbesondere zur Richtigkeit und Vollständigkeit von Gesamt- und Einzelabrechnungen im Wohnungseigentumsrecht

 

Normenkette

§ 28 WEG

 

Kommentar

Herausgestellte Thesen aus der Begründung dieser Entscheidung:

  1. Mehrere Kläger eines Beschlussanfechtungsverfahrens sind notwendige Streitgenossen (h.M., vgl. BGH, Urteil v. 27.3.2009, V ZR 196/08, NJW 2009 S. 2132, 2133; Spielbauer/Then, § 47 Rn. 5). Damit kann auch jeder Anfechtungskläger für sich allein entscheiden, ob er Rechtsmittel einlegt. Im vorliegenden Fall war deshalb die Berufung gegen das Amtsgericht Augsburg seitens nur einiger Anfechtungskläger zulässig.

    Erkennt nur ein einzelner Beklagter den Klageanspruch an, stellt dies kein wirksames Anerkenntnis im Sinne des § 307 ZPO dar. Auch die im Anfechtungsverfahren beklagten restlichen Eigentümer sind notwendige Streitgenossen (h.M.). Ein Anerkenntnis in einem solchen Verfahren wäre deshalb nur wirksam, wenn es von allen Beklagten abgegeben wird.

  2. Beschlussgegenstände einer Versammlung sind den Eigentümern vorab durch die Einladung zur Versammlung mitzuteilen (§ 23 Abs. 2 WEG). Diese Gesetzesbestimmung will sicherstellen, dass die Eigentümer angemessene Zeit vor der Versammlung informiert werden, was sie dort erwartet, um nicht überrascht zu werden und um sich angemessen vorbereiten zu können (unbestrittene h.M.). Geht es in einem TOP (Gegenstandsbeschreibung) um die Genehmigung einer Jahresabrechnung, muss grundsätzlich den Eigentümern auch ein Entwurf der zu beschließenden Abrechnung rechtzeitig vor der Versammlung übermittelt werden. Allerdings müssen nicht alle Einzelheiten des zu fassenden Beschlusses abschließend und endgültig in einer Einladung formuliert werden. Diese Formalien wurden im vorliegenden Fall eingehalten. Dass die zunächst übermittelte Abrechnung und der Wirtschaftsplan kurz vor der Versammlung noch in einzelnen Punkten korrigiert und die Neufassungen dieser Entwürfe den Eigentümern erst zu Beginn der Versammlung ausgehändigt wurden, ändert daran nichts; § 23 Abs. 2 WEG schließt solche nachträglichen Korrekturen im Detail nicht aus, da die zu fassenden und ausreichend bezeichneten Beschlüsse nicht bereits bis ins letzte Detail endgültig in einer Einladung festgelegt und mitgeteilt werden müssen.
  3. Eine Abrechnung ist fehlerhaft und führt zur Verfälschung und Unschlüssigkeit eines Abrechnungsergebnisses, wenn ein Verwalter 31.000 EUR einem Rücklagekonto entnommen hat, um damit Ölrechnungen zu bezahlen. Auch wenn eine Rücklage nicht diesen Ausgabezwecken dient und grundsätzlich nur für Instandhaltungen und Instandsetzungen verwendet werden darf und auch keine kurzfristigen Liquiditätsengpässe der Gemeinschaft in dieser Größenordnung ersichtlich wären, muss auch die Abrechnung solche Ausgaben erfassen, um als rechnerisch richtig und vollständig gelten zu können (h.M.).

    Ein Abfluss von 31.000 EUR vom Rücklagekonto muss dort als Abgang erfasst und dargestellt werden und nach dortiger Abbuchung korrekterweise (nach Umbuchung auf Giro-Verwaltungskonto) in der Einnahmen- und Ausgabenrechnung als Einnahme (besser aus meiner Sicht: Einzahlung) erfasst werden. Ging dieses Umbuchungsgeld vom speziellen Rücklage-Anlagekonto weg, ist es zunächst wieder den allgemeinen Geldmitteln der Gemeinschaft zuzuführen, und zwar in der Regel auf das Giro-Verwaltungskonto der Gemeinschaft einzubuchen; von dort kann es dann – im vorliegenden Fall für die Ölrechnung – ausgegeben werden (zwischenzeitlich h.M., vgl. auch Spielbauer/Then, WEG, § 28 Rn. 39).

    Die Abflüsse (Abgänge) vom Rücklagekonto sind dann dort als Einnahme (bzw. Einzahlung) zu buchen, was vorliegend umso wichtiger gewesen wäre, als umgekehrt Zuflüsse zur Rücklage – sogar die Soll-Zuflüsse – als Ausgabe in der Gesamtabrechnung gebucht wurden.

    Diese Zuflüsse zum Rücklagekonto entstammen den allgemeinen Geldmitteln der Gemeinschaft und sind also insoweit buchungstechnisch in der Abrechnung Ausgaben; in Ausnahme zum ansonsten geltenden Zu- und Abflussprinzip im WEG-Abrechnungswesen dürfen dabei auch in dieser Position Soll-Zuflüsse als Ausgabe gebucht werden, um säumige Wohngeldzahler nicht ungerechtfertigt zu privilegieren (vgl. bereits frühere Rechtsprechung des Bayer. Obersten Landesgerichts, BayObLGZ 1993 S. 185, 188 und NJW-RR 1991 S. 15; a.A. Abramenko in Riecke/Schmid, WEG, 2. Aufl., § 28 Rn. 74 und Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 8. Aufl., § 28 Rn. 53).

    Eine Jahresabrechnung wird dann verfälscht, wenn einerseits Soll-Beträge als Zuflüsse/Zugänge in eine Rücklage gebucht werden, andererseits die Abflüsse von der Rücklage jedoch nicht auf der Einnahmenseite der Abrechnung ebenfalls erfasst werden. Dies führt fälschlicherweise dann bei einer Gegenüberstellung der Einnahmen und Ausgaben in der Gesamtabrechnung zu einem Verlust der Gemeinschaft und zu falschen Salden in Einzelabrechnungen.

  4. Auch in der Heizkostenposition war die Abrechnung zu den Heizkosten fehlerhaft. Erfasst wu...

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