Gesetzestext

 

(1) Jede wirtschaftliche Einheit ist für sich zu bewerten. Ihr Wert ist im ganzen festzustellen. Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen.

(2) Mehrere Wirtschaftsgüter kommen als wirtschaftliche Einheit nur insoweit in Betracht, als sie demselben Eigentümer gehören.

(3) Die Vorschriften der Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit eine Bewertung der einzelnen Wirtschaftsgüter vorgeschrieben ist.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Frage, die das Gesetz vor die Bewertung gesetzt hat, lautet: Was wird besteuert, als Erwerb oder als Bestand? Sie beantwortet das Einzelsteuergesetz.

 

Rz. 2

Der Erwerb und der Bestand können aus einem Wirtschaftsgut bestehen oder aus mehreren. Mehrere Wirtschaftsgüter können selbstständig nebeneinander in einer Hand liegen; dann wird jedes Wirtschaftsgut für sich bewertet, und die Einzelwerte werden addiert. Sie können aber auch eine funktionelle Einheit bilden, so bei einem Betriebsvermögen; dann wird die Einheit bewertet, eingedenk der Tatsache, dass der Wert eines Ganzen anders ist als die Summe der Einzelteile – zumeist höher, manchmal auch niedriger.

B. Tatbestand

I. Gegenstand der Bewertung

 

Rz. 3

Nach § 2 Abs. 1 S. 1 BewG werden wirtschaftliche Einheiten[1] bewertet. Sie bilden jeweils eine Bewertungseinheit.

[1] Wirtschaftliche Einheiten gibt es auch im Zivilrecht; so können Bodenflächen eine wirtschaftliche Einheit und damit ein Grundstück im wirtschaftlichen Sinne bilden: Grüneberg/Herrler, BGB, Überbl. v. § 873 Rn 1.

II. Einheit und Vielheit

 

Rz. 4

Wirtschaftsgut ist ein Sammelbegriff, der Sachen, Rechte, tatsächliche Zustände und konkrete Möglichkeiten umfasst. Es geht um Positionen, die einer gesonderten Bewertung zugänglich sind, deren Erwerb mit einem Aufwand verbunden ist, und die in der Regel einen Nutzen für mehrere Jahre bringen.[2] Ein Wirtschaftsgut ist vielfach für sich allein verkehrsfähig. Notwendig ist das nicht, so dass es genügt, dass es als Teil einer größeren Einheit veräußert werden kann, beispielsweise als Teil eines Betriebs. Je nachdem, ob ein Wirtschaftsgut das Vermögen des Inhabers des Wirtschaftsguts erhöht oder vermindert, lassen sich – wie im Steuerbilanzrecht – positive Wirtschaftsgüter und negative Wirtschaftsgüter unterscheiden.

 

Rz. 5

Sachen sind körperliche Gegenstände (§ 90 BGB). Aber über die gesetzliche Definition hinaus wird, der Verkehrsanschauung folgend, in bestimmten Fällen eine Vielzahl gleichartiger körperlicher Gegenstände zu einer Sache zusammengefasst. Beispiele dafür sind Getreide oder Sand, bei denen nicht die einzelnen Körner, sondern deren Menge Gegenstand des Rechtsverkehrs ist. Natürliche wie zusammengesetzte Sachen können aus Bestandteilen bestehen, die in ihrer Zusammensetzung die Sache bilden. Auch Rechte können auf eine Rechtsposition beschränkt sein oder als einheitliches Recht mehrere Rechtspositionen umfassen, wie z.B. die Mitgliedschaft in einem Verein oder einer Gesellschaft.

 

Rz. 6

Sachgesamtheiten bestehen aus mehreren selbstständigen Sachen, die im Verkehr unter einer einheitlichen Bezeichnung zusammengefasst werden, und deren Wert durch ihre Vollständigkeit und funktionelle Verbindung mitbestimmt wird.[3] Beispiele dafür sind Briefmarkensammlungen, Kunstsammlungen und andere Sammlungen. Ein Vermögen ist eine Rechts- und Sachgesamtheit, die aus selbstständigen Gegenständen besteht.[4]

[2] Schmidt/Weber-Grellet, EStG, § 5 EStG Rn 94 mit Nachweisen.
[3] BGH v. 26.2.1980 – VI ZR 53/79, BGHZ 76, 216, 219.
[4] RG v. 22.6.1908 – Rep. VI. 394/07, RGZ 69, 283.

III. Wirtschaftliche Einheit des Bewertungsrechts

 

Rz. 7

Der bewertungsrechtliche Begriff der wirtschaftlichen Einheit ist in § 2 Abs. 1 S. 3 u. 4 BewG umschrieben: Was als wirtschaftliche Einheit zu gelten hat, ist nach den Anschauungen des Verkehrs zu entscheiden. Die örtliche Gewohnheit, die tatsächliche Übung, die Zweckbestimmung und die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit der einzelnen Wirtschaftsgüter sind zu berücksichtigen. Davon unabhängig ist die wirtschaftliche Einheit auch selbstständig geregelt; nach den §§ 33 Abs. 1 S. 2, 158 Abs. 2 S. 1 BewG ist die wirtschaftliche Einheit des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens der Betrieb der Land- und Forstwirtschaft, und die wirtschaftliche Einheit des Grundvermögens ist in den §§ 68, 176 BewG bestimmt.

Eine wirtschaftliche Einheit kann immer nur Wirtschaftsgüter umfassen, die zur gleichen Vermögensart gehören.[5]

 

Rz. 8

Eine wirtschaftliche Einheit kann andere wirtschaftliche Einheiten enthalten, die dadurch zu wirtschaftlichen Untereinheiten werden. Ein Beispiel dafür ist ein Betriebsvermögen, zu dem Betriebsgrundstücke gehören.

 

Rz. 9

Nach § 2 Abs. 1 S. 4, Abs. 2 u. 3 BewG muss eine wirtschaftliche Einheit mehrere Wirtschaftsgüter oder Untereinheiten umfassen, also mindestens zwei. Aber dieser Gedanke wird nicht durchgehalten, denn in den Bewertungsvorschriften werden in bestimmten Fällen auch einzelne Wirtschaftsgüter als wirtschaftliche Einhe...

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