Gesetzestext

 

(1) Den Bewertungen nach den §§ 179 und 182 bis 196 ist der gemeine Wert (§ 9) zu Grunde zu legen.

(2) Die für die Wertermittlung erforderlichen Daten des Gutachterausschusses im Sinne des § 193 Absatz 5 Satz 2 des Baugesetzbuchs sind bei den Bewertungen nach den §§ 182 bis 196 für längstens zwei Jahre ab dem Ende des Kalenderjahres maßgeblich, in dem der vom Gutachterausschuss zugrunde gelegte Auswertungszeitraum endet. Soweit sich die maßgeblichen Wertverhältnisse nicht wesentlich geändert haben, können die Daten auch über einen längeren Zeitraum als zwei Jahre hinaus angewendet werden.

Gesetzesbegründung: BR-Drucks 4/08 zu Nr. 14, S. 74. BT-Drucks 19/28902 zu Nr. 1 Buchstaben a) und b), Seiten 20 und 21 zum Inkrafttreten des GrStRefUG[1]

Verwaltungsanweisung: R B 177 ErbStR 2019 v. 16.12.2019, BStBl I 2019, Sondernummer 1/2019.

[1] Gem. § 265 Abs. 12 BewG ist die aktuelle Fassung des BewG am 23.7.2021 in Kraft getreten; es ist die Fassung aufgrund des Gesetzes zur erleichterten Umsetzung der Reform der Grundsteuer und Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften (Grundsteuerreform-Umsetzungsgesetz) v. 16.7.2021 (BGBl I 2021, 2931).

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 177 Abs. 1 BewG schreibt vor, dass für die Bewertung der Grundstücke des Grundvermögens der gemeine Wert zugrunde zu legen ist. Aufgrund dieses gesetzlich fixierten Bewertungsziels besteht ein grundsätzlicher Aktualisierungsbedarf der Bewertungsansätze bei der Immobilienbewertung. Aufgrund des BFH-Urteils II R 13/16,[2] welches im Kern zur Anwendung der Liegenschaftszinssätze ergangen war, soll deutlich gemacht werden, dass es gesetzlicher Vorgaben bedarf, insbesondere zu dem Umstand, wann die sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten der Gutachterausschüsse heranzuziehen sind (für welche Stichtage).

Die Frage, wann eine wesentliche Änderung der maßgeblichen Verhältnisse vorliegt, die eine Anwendung der Daten über die im Gesetz genannten zwei Jahre hinaus nicht mehr zulässt, ist hingegen noch nicht dezidiert geklärt. Allerdings kann der Gesetzesbegründung[3] Folgendes entnommen werden:

Zitat

"Soweit sich die maßgeblichen Wertverhältnisse nicht wesentlich geändert haben, können die Daten auch über einen längeren Zeitraum als zwei Jahre hinaus angewendet werden. Hiervon kann beispielsweise ausgegangen werden, wenn der Gutachterausschuss einmal veröffentlichte für die Wertermittlung erforderliche sonstige Daten für weiter anwendbar erklärt."

Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich aufgrund der Novellierung der ImmoWertV[4] auch im Bereich der Grundbesitzbewertung Änderungsbedarf ergeben wird. Nach § 12 Abs. 1 S. 3 ImmoWertV sind die sonstigen für die Wertermittlung erforderlichen Daten auf einen Stichtag zu beziehen. Maßgeblich ist dann also nicht mehr das zeitliche Auswertungsintervall, sondern der Bezugsstichtag. Eine Gesetzesänderung scheint hier erforderlich zu sein. Aufgrund der durch die ImmoWertV geänderten Modellansätze u.a. für Bewirtschaftungskosten, Normalherstellungskosten (NHK) und Gesamt- und Restnutzungsdauer wird sich ebenfalls ein Anpassungsbedarf im BewG (bzw. in den Anlagen) ergeben müssen.

B. Tatbestand

I. Gemeiner Wert

 

Rz. 2

Der Begriff "gemeiner Wert" ist ein hergekommener steuerlicher Begriff, der in § 9 BewG allgemein definiert ist. Er entspricht dem landläufigen Begriff "Verkehrswert" (Marktwert) – aus Erwerbersicht – nach § 194 BauGB (vgl. R B 177 ErbStR 2019).[5] § 177 BewG ist eine "Programmvorschrift", die das Ziel und das Ergebnis der steuerlichen Bewertung festlegt. Damit soll – ähnlich wie bei der Einheitsbewertung – die Verfassungsmäßigkeit der Bewertung (mit verschiedenen Bewertungsmethoden) gesichert werden.[6]

II. Typisierung und Öffnungsklausel

 

Rz. 3

Durch den Verweis auf die §§ 179 und 182 ff. BewG wird zum Ausdruck gebracht, dass § 177 BewG keine Bewertung des jeweiligen Grundstücks mit seinem individuellen Verkehrswert vorschreibt. Vielmehr folgt aus dem Verweis auf die vorgenannten Paragrafen, dass die im Gesetz vorgeschriebenen typisierenden Bewertungen (kraft gesetzlicher Anordnung) den gemeinen Wert des jeweiligen Grundstücks ergeben. Der Ansatz des individuellen gemeinen Werts (als steuerlicher Grundbesitzwert) ist nur im Rahmen der sog. Öffnungsklausel nach § 198 BewG möglich.

 

Rz. 4

Schulden und Lasten auf Grundstücken sind nicht in die wirtschaftliche Einheit des Grundstücks (§ 176 Abs. 1 Nr. 1 BewG i.V.m. § 2 BewG) einzubeziehen. Sie führen aber sowohl bei Erwerben von Todes wegen als auch bei gemischten Schenkungen oder Schenkungen unter Auflage...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge