Gesetzestext

 

(1) Schulden und sonstige Abzüge, die nach § 95 Abs. 1 zum Betriebsvermögen gehören, werden vorbehaltlich des Absatzes 3 berücksichtigt, soweit sie mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens im Sinne dieses Gesetzes in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen.

(2) Weist ein Gesellschafter in der Steuerbilanz Gewinnansprüche gegen eine von ihm beherrschte Gesellschaft aus, ist bei dieser ein Schuldposten in entsprechender Höhe abzuziehen.

(3) Rücklagen sind nur insoweit abzugsfähig, als ihr Abzug bei der Bewertung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer durch Gesetz ausdrücklich zugelassen ist.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Im Zuge der Erbschaftsteuerreform 2009 hat der Gesetzgeber von der bis Ende 2008 das Bewertungsrecht für erbschaftsteuerrechtliche Zwecke prägenden Einzelbewertung Abschied genommen und insbesondere für das Betriebsvermögen die Ermittlung nach Gesamtbewertungsverfahren vorgeschrieben.[1] Vor diesem Hintergrund reduzierte sich die Bedeutung von § 103 BewG im Wesentlichen auf die Frage, welche Schulden und Lasten mit der Ermittlung des Werts des Betriebsvermögens mit Hilfe von Gesamtbewertungsverfahren abgegolten bzw. berücksichtigt sind und welche nicht.[2]

Soweit diese Frage positiv zu beantworten ist, ist eine gesonderte Berücksichtigung der jeweiligen Schuld nicht erforderlich. In diesem Fall ist sie im Rahmen der Gesamtbewertung des Betriebsvermögens abgegolten. Dies gilt unabhängig davon, ob die mit solchen Schulden etwa zusammenhängenden und bei der Ertragsbewertung – z.B. im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens – berücksichtigten Finanzierungskosten tatsächlich eine angemessene Abbildung der Schuld gewährleisten oder ob diese im Rahmen der Gesamtbewertung überhaupt Berücksichtigung findet.[3]

 

Rz. 2

Nur dann, wenn die Schuld nicht als im Rahmen der Gesamtbewertung des Betriebsvermögens abgegolten gilt, kommt eine gesonderte Berücksichtigung in Betracht. Nur unter dieser Voraussetzung ist eine Einzelbewertung möglich bzw. erforderlich. Dies betrifft vor allem die Fälle der Mindestbewertung[4] (Substanzwert/Liquidationswert), da hier – nach wie vor – eine Einzelbewertung sämtlicher Wirtschaftsgüter zu erfolgen hat.[5] Daneben ist § 103 BewG aber auch im Rahmen der Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens sowie des sog. jungen Betriebsvermögens (bei Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens, §§ 199 ff. BewG) relevant[6] und ebenso für Schulden im Sonderbetriebsvermögen einzelner Mitunternehmer.

 

Rz. 3

Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz[7] hat der Gesetzgeber den Umfang des (potenziell begünstigungsschädlichen) Verwaltungsvermögens um eine weitere Kategorie, nämlich die Finanzmittel, ergänzt.[8] Da für deren Ermittlung auch die im Unternehmen/Betrieb vorhandenen Schulden eine Rolle spielen, ist § 103 BewG nunmehr auch insoweit relevant[9] (vgl. hierzu auch Rdn 22).

[1] Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 103 Rn 3 spricht zu Recht von einem "Paradigmenwechsel".
[2] Ebenso Hübner/Hübner, S. 486.
[3] Problematisch ist dies z.B. bei zinslosen Darlehen oder bei nach § 6a EStG dotierten Pensionsrückstellungen.
[4] Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 103 Rn 4.
[5] Ramb, NWB 2010, 3390, 3403.
[6] Vgl. Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 103 Rn 3.
[7] Gesetz v. 26.6.2013, BGBl I 2013, 1809.
[8] Ursprüngl. § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 4a ErbStG a.F., heute § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG.
[9] Vgl. FG Rheinland-Pfalz v. 25.10.2017 – 2 K 2201/15, EFG 2018, 136; gleich lautende Erlasse v. 10.10.2013, BStBl I 2013, 272, Tz 2.2.1.; vgl. auch R E 13b.23 Abs. 4 S. 3 ErbStR 2019; Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 103 Rn 28a m.w.N.

B. Tatbestand/Rechtsfolgen

I. Berücksichtigung von Schulden im Betriebsvermögen (Abs. 1)

1. Umfang des Betriebsvermögens

a) Beim Betriebsvermögen zu berücksichtigende Schulden

 

Rz. 4

Die Einbeziehung von Schulden und sonstigen Abzügen im Rahmen der Gesamtbewertung des Betriebsvermögens setzt nach § 103 Abs. 1 BewG voraus, dass es sich um Schulden handelt, die im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG oder § 5 EStG zum ertragsteuerlichen Betriebsvermögen zählen (Grundsatz der Bestandsidentität).[10] Weitere Voraussetzung ist, dass die Schuld mit der Gesamtheit oder einzelnen Teilen des Betriebsvermögens in wirtschaftlichem Zusammenhang steht.[11] Ein wirtschaftlicher Zusammenhang ist immer dann gegeben, wenn die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die das Betriebsvermögen betreffen.[12]

 

Rz. 5

Da das BewG keinen eigenständigen Schuldenbegriff kennt, sind für die Abgrenzung die ertragsteuerlichen Grundsätze maßgeblich.[13] Schulden in diesem Sinne sind alle Verbindlichkeiten, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören, die also Einfluss auf den steuerlichen Gewinn haben.[14] Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG (Einnahmenüberschussrechnung) sind dies diejenigen Schulden, bei denen der Tilgungsbetrag bzw. auch die Zinsen eine Betriebsausgabe darstellen und damit den steuerlichen Gewinn mindern.[15]

Bei Gewerbetreibenden und Freiberuflern, die ihren Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (Bilanzierung, § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG) ermitteln, besteht regelmäßig eine Identitä...

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