Entscheidungsstichwort (Thema)

Passive Rechnungsabgrenzungsposten keine berücksichtigungsfähigen Schulden bei der Erbschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

§ 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG 2013 ist nicht dahin gehend auszulegen, dass auch passive Rechnungsabgrenzungsposten als Schulden abzugsfähig sind. Darin liegt kein Verstoß gegen den in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten allgemeinen Gleichheitssatz.

 

Normenkette

ErbStG 2013 § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 4a S. 1; BewG § 103 Abs. 1; HGB § 250 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1

 

Tatbestand

Strittig ist, ob passive Rechnungsabgrenzungsposten zu den abzugsfähigen Schulden im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a Satz 1 ErbStG 2013 gehören.

Am Vermögen der Firma F Werbung GmbH mit Sitz in X (nachfolgend FW GmbH genannt) war der am xx.yy.2013 verstorbene Erblasser E mit 100 % beteiligt (Blatt 1 Rücks. gesonderte F-A Bd. I).

Die FW GmbH wiederum ist seit dem 2. Dezember 2004 alleinige Gesellschafterin der Klägerin (Blatt 6 Vertragsakten), ebenfalls eine GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 € (Blatt 3 Vertragsakten), deren Geschäftsgegenstand die Herstellung und Vermarktung von Werbeträgern ist (Blatt 2 Vertragsakten).

Auf Aufforderung des Beklagten (Blatt 1 gesonderte F-Akte) reichte die Klägerin am 12. September 2014 ihre Erklärung zur Feststellung des Bedarfswertes für nicht börsennotierte Anteile an Kapitalgesellschaften ein (Blatt 3 ff gesonderte F-Akte). Ausgehend von Zahlungsmitteln, Geschäftsguthaben, Geldforderungen und anderen Forderungen in Gesamthöhe von … € (Einzelaufstellung siehe Blatt 16 gesonderte F-Akte) und Verbindlichkeiten in Gesamthöhe von … € (Einzelaufstellung siehe Blatt 15 gesonderte F-Akte) errechnete die Klägerin den Wert des Verwaltungsvermögens zum Bewertungsstichtag xx.yy.2013 (Tod des Erblassers) mit einem Betrag in Höhe 0 € (Blatt 17 gesonderte F-Akte). Dabei ging sie davon aus, dass passive Rechnungsabgrenzungsposten in Gesamthöhe von … € als Schulden abzugsfähig seien (Blatt 15 und 20 gesonderte F-A).

Abweichend von den Erklärungsangaben ließ der Beklagte die passiven Rechnungsabgrenzungsposten nicht zum Abzug zu und stellte den gemeinen Wert des Verwaltungsvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer auf den xx.yy.2013 im unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gestellten Bescheid vom 4. Mai 2015 auf einen Betrag in Höhe von … € gesondert fest (Blatt 22-29, 23 gesonderte F-Akte). In den Erläuterungen begründete er dies damit, dass zu den abzugsfähigen Schulden nach dem gleichlautenden Ländererlass vom 10. Oktober 2013 (BStBl I 2013, 1272) alle Schulden zählen würden, die bei der ertragsteuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehörten, nicht dagegen sonstige Abzüge (Blatt 25 gesonderte F-Akte).

Mit ihrem am 19. Mai 2015 erhobenen Einspruch wandte die Klägerin im Wesentlichen ein, dass passive Rechnungsabgrenzungsposten „Schulden und sonstige Abzüge“ im Sinne des § 103 Abs. 1 BewG seien und somit nach § 95 BewG zum Betriebsvermögen gehören würden (mit Hinweis auf Gürsching/Stenger, BewG, § 103 TZ 242). Von diesem Grundsatz mache die Finanzverwaltung eine unzutreffende Ausnahme, wenn sie passive Rechnungsabgrenzungsposten nicht als Schuld im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a S. 1 ErbStG qualifiziere (Blatt 1-3 nach „Einspruch“ gesonderte F-Akte).

Durch Einspruchsentscheidung vom 12. Oktober 2015 wies der Beklagte den Einspruch unter Berufung auf TZ 2.2.1 des Erlasses des Ministeriums der Finanzen Rheinland Pfalz vom 10. Oktober 2013 zurück. Ergänzend führte er aus: Der Gesetzgeber habe in § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG die Formulierung „Schulden“ verwendet und nicht „Schulden und sonstige Abzüge“. Ein ausdrücklicher Bezug auf § 103 BewG fehle. § 103 BewG zähle „Schulden“ und „sonstige Abzüge“ als getrennte Formen auf. Für die Ermittlung der Finanzmittel komme es auf die Vermögenssubstanz an, nicht jedoch auf die ertragsteuerliche Ermittlung des richtigen Gewinns in den jeweiligen Veranlagungszeiträumen (mit Hinweis auf Geck in Kapp/Ebling, ErbStG, § 13b TZ 140). Ein Abzug von passiven Rechnungsabgrenzungsposten würde Gestaltungsspielräume eröffnen, was dem Willen des Gesetzgebers widersprechen würde (mit Hinweis auf Milatz/Herbst, GmbHR 1/2014, 18-23). Die passiven Rechnungsabgrenzungsposten seien daher keine berücksichtigungsfähigen Schulden im Sinne des § 13b Abs. 2 Satz 2 Nr. 4a ErbStG.

Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin im Kern Folgendes vorgetragen:

Habe eine Vertragspartei ihre Schuld getilgt, die andere dagegen nicht und ziehe sich das Geschehen über einen längeren Zeitraum hin, dann müsse zur zutreffenden periodengerechten Gewinnermittlung nach § 250 HGB und § 5 Abs. 5 EStG ein Rechnungsabgrenzungsposten gebildet werden. Sobald die Voraussetzungen des § 250 HGB gegeben seien, bestünde eine Pflicht zur Erstellung eines Rechnungsabgrenzungspostens in der Bilanz; gleiches gelte gemäß § 5 Abs. 5 EStG für die Bilanzierung nach dem Einkommensteuerrecht. Diese transitorischen Posten seien als „sonstige Forderungen“ oder „sonstige Verbindlichkeite...

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