Rz. 10

In der Praxis vorkommend ist die bereits lebzeitige Weitergabe des Nachlasses durch den Vorerben an den Nacherben. Dieser Fall ist jedoch nicht in § 6 ErbStG geregelt, sondern stellt einen Fall des § 7 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 ErbStG dar. In § 6 ErbStG sind nur die Fälle der Vermögensübertragung geregelt, die im Wege der Vor- und Nacherbschaft durch den Tod des Erblassers/Vorerben oder eine sonstige Bedingung eintreten. Der Fall, dass der Vorerbe vorzeitig das erworbene Vermögen auf den Nacherben überträgt, ist in § 7 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 2 ErbStG geregelt.

Unzweifelhaft wird das Recht des Nacherben als Anwartschaftsrecht qualifiziert.[18]

Vor- und Nacherbe können jedoch jederzeit Regelungen darüber treffen, dass der gesamte der Vor- und Nacherbschaft unterliegende Nachlass auf den Nacherben zu Lebzeiten übertragen wird. Besondere Formvorschriften sind dabei nicht zu beachten, außer für die Übertragung des Vermögensgegenstandes sind besondere Formvorschriften vorgesehen, wie dies bei der Übertragung von Grundstücken nach § 311b BGB oder der Übertragung eines Anteils an einer GmbH nach § 15 Abs. 3 GmbHG der Fall ist. Es ist auch möglich, dass nur einzelne Gegenstände aus dem Nachlass vom Vor- auf den Nacherben zu Lebzeiten übertragen werden, wodurch diese Gegenstände nicht mehr der Nacherbschaft unterfallen.[19] Zu beachten ist, dass bei einer gestaffelten Nacherbfolge, wenn also der Erblasser verfügt hat, dass mehrere Personen nacheinander eingesetzt werden, dann möglicherweise ein Zustimmungsrecht des weiteren Nacherben für eine lebzeitige Übertragung vom Vorerben auf einen der Nacherben gegeben sein könnte.[20]

 

Rz. 11

Treffen Vor- und Nacherbe eine Regelung darüber, dass Vermögen, welches von der Vorerbschaft umfasst ist, an den Nacherben zu Lebzeiten übertragen werden soll, so ist bei der Übertragung einer bis zum Tode vom Erblasser selbstgenutzten Wohnung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG (Abkömmlinge als Vorerben) zu berücksichtigen, dass die 10-Jahresfrist eingehalten wird, da andernfalls auch der Erwerb des Vorerben steuerpflichtig werden kann. Anders verhält es sich, wenn der Vorerbe aufgrund einer letztwilligen Verfügung des Erblassers zur Weitergabe dieser Immobilie verpflichtet ist, also diese Immobilie beispielsweise durch eine Vermächtnisanordnung an einen Dritten herauszugeben ist. Der Vorerbe hat dann die Immobilie mit dem gemeinen Wert anzusetzen, jedoch liegt bei ihm eine abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit vor.

[18] Grüneberg/Weidlich, § 2100 Rn 10.
[20] Grüneberg/Weidlich, § 2100 Rn 11.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge