Rz. 6

Steuerpflichtige und das Finanzamt können die in § 182 BewG vorgesehenen Bewertungsmethoden nicht frei wählen. Nach der Systematik des § 182 BewG ist – auffangweise gem. § 182 Abs. 4 BewG – eine Bewertung im Sachwertverfahren nur vorgesehen, wenn

das Vergleichswertverfahren mangels Vergleichswerte
das Ertragswertverfahren bei Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken mangels üblicher Miete

nicht anzuwenden ist. Für Mietwohngrundstücke ist nur das Ertragswertverfahren zulässig, da sie als reine Renditeobjekte angesehen werden.[5]

 

Rz. 7

Im Einzelfall kann es natürlich streitig werden, ob Vergleichswerte vorliegen oder übliche Mieten zu ermitteln sind. Da die unterschiedlichen Bewertungsmethoden nicht zu betragsmäßig gleichen Grundbesitzwerten führen, sind hier konträre Interessenskonflikte vorprogrammiert. Problematisch können insbesondere solche Fälle sein, in denen abweichend von der – eigentlich der jeweiligen Grundstücksart zugewiesenen – Bewertungsmethode gem. § 182 Abs. 2 Nr. 1–3 BewG bzw. § 182 Abs. 3 Nr. 2 BewG das Sachwertverfahren als subsidiäres Verfahren zur Anwendung kommen soll (siehe Rdn 6).

Bei der Anwendung des grundsätzlich vorrangigen Vergleichswertverfahrens ist in der jüngeren Vergangenheit sowohl die Quantität als auch die Qualität von möglichen geeigneten Vergleichspreisen strittig gewesen. Bezüglich des Aspekts der Quantität hat das Finanzgericht Düsseldorf[6] in seinem Gerichtsbescheid bei einer mittelbaren Grundstücksschenkung entschieden, dass auch ein singulärer, im gewöhnlichen Geschäftsverkehr tatsächlich erzielter Kaufpreis, der in zeitlicher Nähe zum Bewertungsstichtag zustande gekommen ist, für das zu bewertende Grundstück die Anwendung des Vergleichswertverfahrens rechtfertigt.[7] Denn ungeachtet der Verwendung des Plurals "Grundstücke" in der Gesetzesnorm sind darunter auch einzelne Grundstücke zu subsumieren, wenn der Begriff als Oberbegriff zu interpretieren sei. Signifikant ist vielmehr, ob das/die herangezogene/n Grundstück/e mit den ihren Wert beeinflussenden Merkmalen mit dem Bewertungsobjekt hinreichend übereinstimmen. Das ist dann der Fall, wenn der singuläre Verkaufspreis das zu bewertende Grundstück selbst betrifft (100 %ige Übereinstimmung), zumal es der Gedankenführung der Öffnungsklausel des § 198 BewG entspricht, wonach der Steuerpflichtige einen niedrigeren gemeinen Wert für das Grundstück zu seinen Gunsten nachweisen kann.

Liegen jedoch Vergleichspreise respektive Vergleichsfaktoren der Gutachterausschüsse i.S.v. §§ 192 ff. BauGB vor, sind diese qualitativ vorrangig bei der Anwendung des Vergleichswertverfahrens heranzuziehen gem. § 183 Abs. 1 S. 2 BewG. Das Vergleichswertverfahren soll als typisierendes Bewertungsverfahren Verzerrungen etwaiger Kaufpreise (Kaufpreisspitzen) ausgleichen, weshalb für die tatsächliche Verkehrswertermittlung einer Ableitung des Grundbesitzwertes aus in ausreichender Zahl ermittelten und der Finanzbehörde mitgeteilten Vergleichspreisen bzw. Vergleichsfaktoren diese Priorität zuerkannt wird.

 

Rz. 8

Für die Ableitung von Vergleichspreisen sind solche Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die mit dem Bewertungsobjekt hinreichend übereinstimmende Grundstücksmerkmale aufweisen. Solche signifikanten Grundstücksmerkmale sind insbesondere Lage des Grundstücks, Art und Maß der baulichen Nutzung, Größe, Erschließungszustand, Gebäudeart und Alter des Gebäudes (siehe R B 183 Abs. 2 S. 2 und 3 ErbStR 2019). Ggf. können Abweichungen des zu bewertenden Grundstücks durch Zu- und Abschläge nach Vorgabe des Gutachterausschusses für Grundstückswerte berücksichtigt werden. Fehlen solche Anpassungsfaktoren, kann bezüglich der messbaren Größen wie Wohn-/Nutzfläche des Gebäudes, Grundstücksgröße oder Alter des Gebäudes eine hinreichende Übereinstimmung noch angenommen werden, wenn die Abweichung höchstens 20% vom Vergleichsgrundstück beträgt (siehe H B 183 Abs. 4 ErbStH 2019).

Liegen keine von den Gutachterausschüssen ermittelten Vergleichspreise oder Vergleichsfaktoren vor, kann das Finanzamt im Rahmen der Amtsermittlung nach Verwaltungsauffassung auch auf eigene Unterlagen zu Vergleichspreisen zurückgreifen. Allerdings erfordert es die Eigenschaft als Vergleichskaufpreis, dass diese Preise aus einer hinreichend vergleichbaren Zahl von Objekten ermittelt worden sind. Ist das nicht der Fall und einigen sich nicht der Steuerpflichtige und das Finanzamt auf einem bestimmten Vergleichskaufpreis, ist zwangsläufig das Sachwertverfahren anzuwenden.

 

Rz. 9

Das Ertragswertverfahren bei Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken ist nur zulässig, sofern sich für diese auf dem örtlichen Grundstücksmarkt übliche Mieten ermitteln lassen. Nach neuem Recht scheint es vorrangig auf die objektiven Gegebenheiten am örtlichen Grundstücksmarkt anzukommen.[8] Bei Betriebsaufspaltungen, Betriebsverpachtungen war nach Verwaltungsauffassung, bestätigt durch die Rechtsprechung des BFH, die übliche Miete grundsätzlich auch aus den im Einze...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge