Rz. 30

§ 29 Abs. 2 ErbStG stellt eine wesentliche zu beachtende Beeinträchtigung des Erstattungsanspruches dar. Hinsichtlich der durch den Erwerber gezogenen Nutzungen, die diesem verbleiben, wird der Erstattungsbetrag entsprechend gemindert. § 29 Abs. 2 ErbStG beinhaltet keinen neuen Erwerbstatbestand, sondern führt lediglich dazu, dass die ursprünglich entstandene Steuer nicht in voller Höhe erlischt, so die Rspr. und h.M.[51] – dies dann, wenn die gezogenen Nutzungen beim ursprünglichen Erwerber bereicherungsrechtlich verblieben sind.[52]

Muss hingegen der Erwerber nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen im Wege des § 818 Abs. 1 BGB auch die gezogenen Nutzungen wieder herausgeben, so entfällt die Regelung des § 29 Abs. 2 ErbStG. Für die Praxis ist zu beachten, dass in Übergabeverträgen häufig geregelt wird, dass gezogene Nutzungen nicht zurückzuerstatten sind.

Die beim Erwerber verbleibenden Nutzungen i.S.v. § 14 ErbStG sind mit weiteren von derselben Person zugewandten Gegenständen innerhalb von zehn Jahren zusammenzurechnen. Maßgeblich ist dabei das Datum für die entstandene Steuer der ursprünglich erfolgten Schenkung.[53]

 

Rz. 31

Der Erwerber, bei dem die Nutzungen verbleiben, ist dabei nach § 29 Abs. 2 ErbStG wie ein Nießbraucher zu behandeln. Die Bewertung der gezogenen Nutzungen hat dabei nach § 13 BewG i.V.m. Anlage 9a BewG zu erfolgen. Der Jahreswert einer wiederkehrenden Nutzung ermittelt sich nach § 15 BewG. Die Begrenzung des § 16 BewG ist dabei zu beachten, wonach der ermittelte Wert höchstens den Wert betragen darf, der sich ergibt, wenn der für das genutzte Wirtschaftsgut nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes anzusetzende Wert durch 18,6 geteilt wird. In dem Verbleiben der Nutzungen beim Erwerber ist nach h.M.[54] keine weitere neue Schenkung, sondern die Beschränkung der ursprünglich erfolgten Schenkung auf den nun verbleibenden Nutzungsvorteil als Schenkung und damit als Bereicherung des Beschenkten zu sehen. Selbst wenn sich in dem späteren Zeitpunkt, in dem § 29 Abs. 2 ErbStG Anwendung findet, eine höhere Steuer für die gezogenen Nutzungen ergeben würde, ist dieser Differenzbetrag nicht zu bescheiden.[55]

[52] Viskorf/Wälzholz, § 29 Rn 54; R E 29 2019.
[53] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 29 Rn 58; Meincke/Hannes/Holtz, § 29 Rn 3.
[54] Viskorf/Wälzholz, § 29 Rn 57; Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 29 Rn 58.
[55] Jülicher, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 29 Rn 58.

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