Rz. 4

Die Ehegatten bzw. Lebenspartner müssen im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, §§ 1363 ff. BGB. Da im Zweifel die Zugewinngemeinschaft als vereinbart gilt, dürfen sie zu Lebzeiten keinen abweichenden Güterstand (Gütergemeinschaft oder Gütertrennung) durch Ehevertrag gewählt haben.

 

Rz. 5

§ 5 Abs. 1 ErbStG ist auch dann dem Grunde nach anwendbar, wenn lediglich eine beschränkte Steuerpflicht der Ehegatten bzw. Lebenspartner gegeben ist. Denn der Wortlaut von § 5 Abs. 1 ErbStG enthält keine Begrenzung für den Fall einer beschränkten Steuerpflicht. Beispielhaft ist auf Eheleute mit deutscher Staatsangehörigkeit zu verweisen, die im Ausland leben. Über Art. 14 EGBGB findet das deutsche Ehegüterrecht z.B. bei entsprechender Rechtswahl Anwendung und damit der Güterstand der Zugewinngemeinschaft i.S.d. §§ 1363 ff. BGB. Zweifelhaft ist jedoch, ob bei beschränkter Steuerpflicht die (fiktive) Zugewinnausgleichsforderung in vollem Umfang steuerfrei zu stellen ist oder ob nur eine anteilige Steuerfreistellung erfolgt, und zwar in dem Verhältnis, in dem das während der Ehe hinzu erworbene Inlandsvermögen zum Gesamtvermögen steht.[5] Weder in Abs. 2 noch Abs. 1 von § 5 ErbStG finden sich jedoch im Gesetzeswortlaut Anknüpfungspunkte für eine solche Beschränkung der Zugewinnausgleichsforderung auf inländisches Vermögen.[6] Auch eine Analogie zu § 10 Abs. 6 S. 2 ErbStG ist mangels vergleichbarer Sachverhalte nicht gerechtfertigt.[7] Dies spricht ebenso wie eine europarechtskonforme Auslegung der Norm für eine umfassende Steuerfreistellung bei beschränkter Steuerpflicht.[8] Daran ändert auch der neue Satz 6 in § 5 Abs. 1 ErbStG nichts, der sich lediglich auf sachliche Steuerbefreiungen bezieht (dazu Rdn 36).

 

Rz. 6

Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob § 5 Abs. 1 ErbStG zwingend das Eingreifen des deutschen Güterrechts voraussetzt oder ob die Norm auch für ausländische Güterstände gilt, wenn diese mit der deutschen Zugewinngemeinschaft vergleichbar sind, wie z.B. in Österreich, Finnland, Griechenland, Israel, Norwegen, der Schweiz, Taiwan und Schweden.[9] Da § 5 Abs. 2 ErbStG nur klarstellenden Charakter hat, ist der güterrechtliche Zugewinnausgleich nach ausländischem Recht ebenfalls mangels freigebiger Zuwendung steuerfrei, soweit er mit dem deutschen Zugewinnausgleich vergleichbar erscheint. Demgegenüber ist § 5 Abs. 1 ErbStG bereits nach seinem Wortlaut enger gefasst, so dass die Übertragung auf ausländische Güterstände zweifelhaft erscheint.[10] § 5 Abs. 3 ErbStG betreffend die Wahl-Zugewinngemeinschaft bei deutsch-französischen (Ehe-)Partnern erstreckt sich nach seinem Wortlaut ebenfalls nur auf den tatsächlichen und nicht einen fiktiven Zugewinnausgleich (dazu Rdn 57).

 

Rz. 7

Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft muss durch den Tod eines Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartners beendet werden. Alle anderen – lebzeitigen – Arten der Beendigung der Zugewinngemeinschaft werden von § 5 Abs. 2 ErbStG erfasst, wie z.B. vor allem die lebzeitige Beendigung durch Scheidung. Der Güterstand wird bei Scheidung erst mit Auflösung der Ehe durch rechtskräftiges Scheidungsurteil beendet, § 1564 S. 2 BGB. Stirbt daher der Ehepartner bzw. eingetragene Lebenspartner in dem Zeitraum ab Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages, aber noch vor Rechtskraft des Scheidungsurteils, erfolgt noch eine Beendigung der Zugewinngemeinschaft durch Tod i.S.v. § 5 Abs. 1 ErbStG.[11]

Versterben beide Ehegatten zeitgleich bzw. ist nach § 11 VerschollenheitsG ein gleichzeitiges Versterben anzunehmen, findet nach höchstrichterlicher zivilrechtlicher Rechtsprechung kein Zugewinnausgleich statt.[12] Da § 5 Abs. 1 ErbStG ebenfalls nach seinem Wortlaut von dem Überleben eines Partners ausgeht, hat die zivilrechtliche Handhabung auch erbschaftsteuerlich Gültigkeit. Beim gleichzeitigen Versterben beider Ehegatten bzw. Lebenspartner findet § 5 Abs. 1 ErbStG keine Anwendung.

[5] Gegen eine Beschränkung nunmehr auch Gottschalk, in: Troll/Gebel/Jülicher/Gottschalk, § 5 Rn 54.
[6] Ebenso Meincke/Hannes/Holtz, § 5 Rn 10 m.w.N.; Jeremias, ZEV 2005, 414, 418 f.; zweifelnd, i.E. aber zustimmend Viskorf/Viskorf, § 5 ErbStG Rn 14.
[7] Jeremias, ZEV 2005, 414, 419.
[8] Rödl/Richter, § 5 S. 252; Wachter, DStR 2004, 540, 543.
[9] Zur Vergleichbarkeit siehe Jeremias, ZEV 2005, 414, 415 m.w.N.; Flick/Piltz, Der Internationale Erbfall, 2. Auflage 2008, Rn 1326 ff. Zur Anwendbarkeit ausländischen Güterrechts im Fall Italien vgl. Reiß, ZErb 2005, 306 ff.
[10] Dafür Rödl/Richter, § 5 S. 252; Jülicher, ZErb 2002, 245, 252; Jeremias, ZEV 2005, 414, 416 f; Viskorf/Viskorf, § 5 ErbStG Rn 69. Für eine weite Auslegung auch Werner, NWB-EV 2021, 375 unter II.1. unter Einbeziehung der ab dem 29.1.2019 anwendbaren EUGüVO.
[11] Bonefeld, ZErb 2002, 124 f.
[12] BGH v. 28.6.1978 – IV ZR 47/77, BGHZ 72, 85.

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