Rz. 12

Nach § 5 Abs. 1 S. 1 ErbStG handelt es sich bei der fiktiven Zugewinnausgleichsforderung i.S.v. § 1371 Abs. 1 BGB nicht um einen Erwerb gem. § 3 ErbStG. Damit wird der Erwerb von Todes wegen durch den überlebenden Ehegatten bzw. eingetragenen Lebenspartner in dieser Höhe steuerfrei gestellt. Die fiktive Ausgleichsforderung ist folglich einem Freibetrag vergleichbar, der der Höhe nach nicht begrenzt ist und damit im Einzelfall zu erheblichen Erbschaftsteuerersparnissen führen kann. Sie beinhaltet als solche jedoch keinen selbstständigen Vermögensgegenstand und ist damit nicht vererbbar.[13]

Übersteigt das von Todes wegen erworbene Vermögen die persönlichen Freibeträge i.S.d. §§ 16, 17 ErbStG, kommt es für den Umfang der Steuerfreistellung entscheidend auf die Berechnung der fiktiven Ausgleichsforderung an:[14]

 

Rz. 13

Anknüpfungspunkt ist nach dem Gesetzeswortlaut der Betrag, den der Überlebende nach Maßgabe des § 1371 Abs. 2 BGB verlangen kann. § 1371 Abs. 2 BGB verweist seinerseits auf die §§ 13731383, 1390 BGB. Die Ausgleichsforderung beträgt damit die Hälfte des Überschusses, um den der Zugewinn eines Ehegatten bzw. Lebenspartners den Zugewinn des anderen übersteigt. Es ist daher zunächst der Zugewinn eines jeden Partners unter Gegenüberstellung des Anfangs- und des Endvermögens nach den §§ 1374 ff. BGB zu ermitteln.

 

Rz. 14

Anfangsvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten bzw. Lebenspartner nach Abzug der Verbindlichkeiten beim Eintritt des Güterstandes gehört, § 1374 Abs. 1 BGB. Der Güterstand tritt mit Eheschließung oder mit entsprechender ehevertraglicher Bestimmung ein. Den Tag des Eintritts in den Güterstand definiert die Finanzverwaltung näher wie folgt:[15]

1. der Tag der Eheschließung bei allen Ehen, die nach dem 1.7.1958 geschlossen wurden oder werden und die nicht durch Ehevertrag einen anderen Güterstand vereinbart haben;
2. der 1.7.1958 für vor dem 1.7.1958 geschlossene Ehen;
3. der Tag des Vertragsabschlusses, mit dem die Eheleute später durch ehevertragliche Vereinbarung in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft wechseln (siehe auch § 5 Abs. 1 S. 4 ErbStG);
4. der 3.10.1990 für Ehen, für die im Beitrittsgebiet der gesetzliche Güterstand nach § 13 des Familiengesetzbuches der DDR (Errungenschaftsgemeinschaft) galt und die Überleitung in den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft nicht durch Erklärung der Ehegatten ausgeschlossen wurde;
5. der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes für Ehen, die durch Umwandlung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft im Sinne des Lebenspartnerschaftsgesetzes entstanden sind.
 

Rz. 15

Ergänzend gilt für eingetragene Lebenspartnerschaften: Haben die eingetragenen Lebenspartner vor dem 1.1.2005 im Güterstand der sog. Ausgleichsgemeinschaft gelebt (§ 6 LPartG a.F.), wandelt sich dieser Vermögensstand ohne weiteren Ausgleich zum 1.1.2005 in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft um, § 21 Abs. 1 LPartG.[16] Der Güterstand der Ausgleichsgemeinschaft wird daher zu diesem Zeitpunkt vollständig von der Zugewinngemeinschaft ersetzt. Als Anfangsvermögen der Lebenspartner ist das jeweilige Vermögen bei Begründung der Ausgleichsgemeinschaft anzusehen.[17]

 

Rz. 16

Hat ein Ehegatte bzw. Lebenspartner am Tag des Eintritts in die Zugewinngemeinschaft Verbindlichkeiten, die seine positiven Vermögenswerte übersteigen, ist sein Anfangsvermögen mit "Null" anzusetzen. Es gab nach der alten Gesetzeslage kein negatives Anfangsvermögen; Verbindlichkeiten konnten nur bis zur Höhe des Vermögens abgezogen werden, § 1374 Abs. 1 Hs. 2 BGB a.F. Mit dem am 10.7.2009 im Bundesgesetzblatt[18] veröffentlichten Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts wurde jedoch die in § 1374 Abs. 1 BGB enthaltene Einschränkung, dass Verbindlichkeiten nur bis zur Höhe des Vermögens abgezogen werden können, gestrichen und in einem Absatz 3 klarstellend aufgenommen, dass Verbindlichkeiten auch über die Höhe des Vermögens hinaus abzuziehen sind. Diese Regelung ist mit Wirkung zum 1.9.2009 in Kraft getreten. Ab diesem Zeitpunkt können daher Schulden zu einem negativen Anfangsvermögen führen. Aufgrund der Anknüpfung in § 5 ErbStG an die zivilrechtlichen Regelungen wirkt sich diese Änderung auch für die steuerliche Bewertung aus und kann zu einer erhöhten Steuerfreistellung führen.[19] Denn durch den Ansatz eines negativen Anfangsvermögens kann sich in betroffenen Fällen ein höherer Zugewinn ergeben.

 

Rz. 17

Gemäß § 1376 Abs. 1 BGB bestimmt sich der Wert des Anfangsvermögens nach dem (Verkehrs-)Wert, den es beim Eintritt in den Güterstand hat.[20] Zum Anfangsvermögen hinzuzurechnen ist nach § 1374 Abs. 2 BGB Vermögen, das ein Ehegatte bzw. Lebenspartner nach Eintritt in den Güterstand nach Abzug der Verbindlichkeiten von Todes wegen oder durch Schenkung oder als Ausstattung von dritter Seite erwirbt, soweit es nicht den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist. Auch das nach § 1374 Abs. 2 BGB hinzuzurechnende Vermögen kann...

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