Rz. 3

Der Begriff der Bedingung wird grundsätzlich wie im Zivilrecht verstanden:[6] Es handelt sich um ein künftiges Ereignis, dessen Eintritt ungewiss ist. Auch eine Potestativbedingung kommt in Betracht.[7]

 

Rz. 4

Aber der bewertungsrechtliche Begriff geht darüber hinaus, jedenfalls dann, wenn es sich um Belastungen handelt. Der BFH[8] ist der Ansicht, die §§ 4 ff. BewG seien Regelungen mit stichtagsdurchbrechender Wirkung, die darauf abzielen, Ereignisse erst dann zu berücksichtigen, wenn sie tatsächlich eingetreten sind. Deshalb sei steuerrechtlich der gemeine Wert der tatsächlichen und nicht der auf einen bestimmten Stichtag prognostizierten Belastung maßgebend. Aus diesem Grund wird die Übernahme nur der dinglichen Haftung aus einem Grundpfandrecht als aufschiebend bedingte Duldungspflicht behandelt, die sich erst bei einer dinglichen Inanspruchnahme auswirkt.[9]

 

Rz. 5

Unter einer Befristung wird üblicherweise ein künftiges Ereignis verstanden, dessen Eintritt sicher ist, unsicher ist nur der Zeitpunkt des Eintritts.[10] Das entspricht der Zeitbestimmung des § 163 BGB, aber nur teilweise. Denn die Zeitbestimmung umfasst auch den Fall, dass ein Termin hinsichtlich des Ob und des Wann sicher ist (Angabe eines künftigen Datums).[11] Es gibt keinen Grund, den Begriff der Befristung enger zu fassen.

 

Rz. 6

Eine Betagung bedeutet im Zivilrecht (vgl. § 813 Abs. 2 BGB), dass eine Forderung oder Verbindlichkeit entstanden, ihre Fälligkeit jedoch auf einen bestimmten Zeitpunkt hinausgeschoben ist. Es besteht kein Schwebezustand, die Sache ist endgültig und die hinausgeschobene Fälligkeit kann bei der Bewertung der Forderung oder der Verbindlichkeit berücksichtigt werden (vgl. § 12 Abs. 1 S. 1 BewG). Die Betagung wird im BewG nicht erwähnt, wohl aber im ErbStG. Hier ist der BFH[12] der Meinung, darunter sei ein Ereignis zu verstehen, das sich auf die Fälligkeit des Anspruchs auswirkt und dessen Eintritt so unbestimmt ist, dass es durch Abzinsung allein nicht berücksichtigt werden kann. Dann entsteht die Steuer erst mit Eintritt des Ereignisses. Das bedeutet, dass der BFH eine solche Betagung wie eine aufschiebende Bedingung behandelt. Denn wenn die Begriffe "Bedingung" und "Befristung" zivilrechtlich zu verstehen sind, gibt es keinen Grund, den Begriff der Betagung anders zu verstehen. Eine Betagung hat mithin bewertungsrechtlich keine Auswirkungen. Entscheidend ist die zivilrechtliche Existenz eines Rechts oder einer Verbindlichkeit, und zwar auch dann, wenn eine Abzinsung nicht möglich ist, weil die Fälligkeit nicht bestimmt werden kann, weil sie objektiv ungewiss ist.[13]

[7] Halaczinsky, in: Rössler/Troll, BewG, § 4 Rn 8.
[8] BFH v. 8.2.2006 – II R 38/04, BStBl II 2006, 475; dazu Hartmann, ErbStB 2006, 143 m.w.N.
[10] Viskorf/Viskorf, ErbStG, BewG, § 8 BewG Rn 3.
[11] MüKo/Westermann, BGB, 9. Aufl., § 163 BGB Rn 1.
[13] A.A. Viskorf/Viskorf, ErbStG, BewG, § 8 BewG Rn 19.

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