Rz. 146

Auf Ebene der Erben bzw. Vermächtnisnehmer des verstorbenen Gesellschafters stellt der Erwerb der Geschäftsanteile bzw. Aktien zunächst einen Erwerb von Todes wegen i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG dar. Solange der Kapitalgesellschaftsanteil beim Erben bzw. Vermächtnisnehmer des verstorbenen Gesellschafters verbleibt, also keine Einziehung oder Zwangsabtretung stattfindet, sind die Verschonungsregeln selbstverständlich ohne Weiteres anwendbar, so dass – die Erfüllung sämtlicher weiterer Bedingungen vorausgesetzt – eine sehr weitgehende Verschonung eintreten kann.

 

Rz. 147

Wird jedoch der ererbte (oder vermachte) Kapitalgesellschaftsanteil eingezogen oder (zwangs-)abgetreten, muss dies wenigstens zum Verlust der Verschonungen führen. Zum früheren Recht (vor 2009) ging die Finanzverwaltung allerdings davon aus, dass nicht lediglich ein Verstoß gegen die Behaltensregeln des § 13a Abs. 3 ErbStG a.F. vorliege. Vielmehr sollten nach R 55 Abs. 2 S. 6 ErbStR 2003 die Begünstigungen bei Vorhandensein einer Übertragungsverpflichtung von vornherein nicht gewährt werden.

Nach aktuellem Recht stellt sich die Lage dogmatisch klarer dar: In Fällen des § 10 Abs. 10 S. 2 ErbStG, also bei Vorliegen einer abschließenden gesellschaftsvertraglichen Regelung über die Einziehung bzw. die Zwangsabtretung, gilt als Gegenstand des steuerpflichtigen Erwerbs von vornherein lediglich der Abfindungsanspruch, nicht der Anteil selbst. Mithin scheidet eine Anwendung von §§ 13a ff. ErbStG aus.[414]

 

Rz. 148

Ist der Gesellschaftsvertrag weniger eindeutig und bedarf es aber für die Durchführung der Einziehung oder Zwangsabtretung noch eines dem Erbfall nachgelagerten Rechtsakts, z.B. eines Gesellschafterbeschlusses, so ist – jedenfalls nach dem Gesetz – der Anwendungsbereich der Verschonungsregeln grds. eröffnet.[415]

[414] R E 13b.1 Abs. 2 S. 5 ErbStR 2019.
[415] Der spätere Verlust des Anteils stellt dann aber – wenigstens – einen Fall von § 13a Abs. 5 bzw. § 19a Abs. 5 ErbStG dar, vgl. Riedel, ZErb 2009, 113, 114.

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