Rz. 1

Im Zuge der Erbschaftsteuerreform 2009 hat der Gesetzgeber von der bis Ende 2008 das Bewertungsrecht für erbschaftsteuerrechtliche Zwecke prägenden Einzelbewertung Abschied genommen und insbesondere für das Betriebsvermögen die Ermittlung nach Gesamtbewertungsverfahren vorgeschrieben.[1] Vor diesem Hintergrund reduzierte sich die Bedeutung von § 103 BewG im Wesentlichen auf die Frage, welche Schulden und Lasten mit der Ermittlung des Werts des Betriebsvermögens mit Hilfe von Gesamtbewertungsverfahren abgegolten bzw. berücksichtigt sind und welche nicht.[2]

Soweit diese Frage positiv zu beantworten ist, ist eine gesonderte Berücksichtigung der jeweiligen Schuld nicht erforderlich. In diesem Fall ist sie im Rahmen der Gesamtbewertung des Betriebsvermögens abgegolten. Dies gilt unabhängig davon, ob die mit solchen Schulden etwa zusammenhängenden und bei der Ertragsbewertung – z.B. im Rahmen des vereinfachten Ertragswertverfahrens – berücksichtigten Finanzierungskosten tatsächlich eine angemessene Abbildung der Schuld gewährleisten oder ob diese im Rahmen der Gesamtbewertung überhaupt Berücksichtigung findet.[3]

 

Rz. 2

Nur dann, wenn die Schuld nicht als im Rahmen der Gesamtbewertung des Betriebsvermögens abgegolten gilt, kommt eine gesonderte Berücksichtigung in Betracht. Nur unter dieser Voraussetzung ist eine Einzelbewertung möglich bzw. erforderlich. Dies betrifft vor allem die Fälle der Mindestbewertung[4] (Substanzwert/Liquidationswert), da hier – nach wie vor – eine Einzelbewertung sämtlicher Wirtschaftsgüter zu erfolgen hat.[5] Daneben ist § 103 BewG aber auch im Rahmen der Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens sowie des sog. jungen Betriebsvermögens (bei Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens, §§ 199 ff. BewG) relevant[6] und ebenso für Schulden im Sonderbetriebsvermögen einzelner Mitunternehmer.

 

Rz. 3

Durch das Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz[7] hat der Gesetzgeber den Umfang des (potenziell begünstigungsschädlichen) Verwaltungsvermögens um eine weitere Kategorie, nämlich die Finanzmittel, ergänzt.[8] Da für deren Ermittlung auch die im Unternehmen/Betrieb vorhandenen Schulden eine Rolle spielen, ist § 103 BewG nunmehr auch insoweit relevant[9] (vgl. hierzu auch Rdn 22).

[1] Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 103 Rn 3 spricht zu Recht von einem "Paradigmenwechsel".
[2] Ebenso Hübner/Hübner, S. 486.
[3] Problematisch ist dies z.B. bei zinslosen Darlehen oder bei nach § 6a EStG dotierten Pensionsrückstellungen.
[4] Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 103 Rn 4.
[5] Ramb, NWB 2010, 3390, 3403.
[6] Vgl. Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 103 Rn 3.
[7] Gesetz v. 26.6.2013, BGBl I 2013, 1809.
[8] Ursprüngl. § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 4a ErbStG a.F., heute § 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG.
[9] Vgl. FG Rheinland-Pfalz v. 25.10.2017 – 2 K 2201/15, EFG 2018, 136; gleich lautende Erlasse v. 10.10.2013, BStBl I 2013, 272, Tz 2.2.1.; vgl. auch R E 13b.23 Abs. 4 S. 3 ErbStR 2019; Eisele, in: Rössler/Troll, BewG, § 103 Rn 28a m.w.N.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge