Gesetzestext

 

Ist der Erbe selbst pflichtteilsberechtigt, so kann er die Ergänzung des Pflichtteils soweit verweigern, dass ihm sein eigener Pflichtteil mit Einschluss dessen verbleibt, was ihm zur Ergänzung des Pflichtteils gebühren würde.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Vorschrift überträgt den für den ordentlichen Pflichtteil geltenden Grundsatz, nach welchem dem Pflichtteilsberechtigten sein eigener Pflichtteil verbleiben soll (§ 2319 BGB), auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch, der sich in erster Linie gegen den Erben, §§ 2325, 2329 BGB, richtet. Ein auf Pflichtteilsergänzung in Anspruch genommener, selbst pflichtteilsberechtigter Erbe soll nicht schlechter stehen als der enterbte Pflichtteilsberechtigte. Nach § 2328 BGB ist er deshalb nur bis zu der Grenze leistungspflichtig, bis zu der ihm sein eigener Pflichtteil einschließlich ihm gebührender Ergänzungen verbleibt. Die Vorschrift beschränkt allerdings nur die Erbenhaftung.[1] Der Geltungsbereich der Vorschrift umfasst auch den pflichtteilsberechtigten Alleinerben. Der pflichtteilsberechtigte Erbe soll seinen Gesamtpflichtteil (ordentlicher Pflichtteil + gebührender Pflichtteilsergänzungsanspruch) gegenüber Ergänzungsansprüchen anderer Pflichtteilsberechtigter verteidigen. In dieser Höhe steht ihm ein Leistungsverweigerungsrecht – peremptorische Einrede – zu.[2] Bei der Bemessung der Haftungsgrenze des § 1586b Abs. 1 S. 3 BGB sind auch (fiktive) Pflichtteilsergänzungsansprüche zu berücksichtigen, die dem Unterhaltsberechtigten gem. § 2325 BGB gegen die Erben zustünden, wenn seine Ehe mit dem Unterhaltspflichtigen erst durch dessen Tod aufgelöst worden wäre. Gegenüber diesen (nur fiktiven) Pflichtteilsergänzungsansprüchen des Unterhaltsberechtigten können sich Erben, die selbst pflichtteilsberechtigt sind, nicht auf § 2328 BGB berufen.[3]

 

Rz. 2

Die Vorschrift des § 2328 BGB bevorzugt den pflichtteilsberechtigten Erben in starkem Maße. Der pflichtteilsberechtigte Erbe erhält seinen ordentlichen Pflichtteil und zusätzlich den ihm gebührenden Pflichtteilsergänzungsanspruch vorneweg aus dem Nachlass. Die übrigen Pflichtteilsberechtigten müssen, soweit der Nachlass zur Befriedigung ihrer Ansprüche nicht ausreicht, den Beschenkten gem. § 2329 BGB in Anspruch nehmen mit dem Risiko des Entreicherungseinwandes nach § 818 Abs. 3 BGB.[4] Dieser Bevorzugung entgegenhalten kann der pflichtteilsberechtigte Erbe lediglich die Last der Nachlassabwicklung sowie das Risiko des Wertverfalls.[5]

[1] OLG Schleswig BeckRS 2013, 08631.
[2] BGHZ 85, 274, 284 ff.
[4] MüKo/Lange, § 2328 Rn 2; Staudinger/Olshausen, § 2328 Rn 3; Soergel/Dieckmann, § 2328 Rn 4.
[5] Staudinger/Olshausen, § 2328 Rn 3; Soergel/Dieckmann, § 2328 Rn 4.

B. Tatbestand

I. Konkreter Pflichtteil

 

Rz. 3

Der pflichtteilsberechtigte Erbe kann mit der Einrede seinen "konkreten Pflichtteil" verteidigen. Hierunter fällt derjenige Betrag, der sich für den ordentlichen Pflichtteil nach Anrechnung und Ausgleichung, §§ 2315, 2316 BGB, und für den Ergänzungspflichtteil unter Anwendung der §§ 2325, 2327 BGB errechnet,[6] d.h. im Rahmen der Berechnung sind alle Eigengeschenke zu berücksichtigen, die der pflichtteilsberechtigte Erbe vom Erblasser erhalten hat.[7]

 

Rz. 4

Für die Berechnung des Pflichtteils des überlebenden Ehegatten ist von dem nach § 1371 Abs. 1 BGB erhöhten Erbteil auszugehen, ebenso für den überlebenden Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft im Vermögensstand der Ausgleichungsgemeinschaft, §§ 6, 10 Abs. 6 S. 2 LPartG.[8]

 

Rz. 5

Aus dem Wortlaut der Vorschrift ("gebühren würde") ergibt sich, dass der Kürzungsbetrag des § 2326 S. 2 BGB i.R.d. Berechnung der Einrede nicht abgezogen werden darf.[9] Es kann hier nicht auf die Höhe des tatsächlichen Pflichtteilsergänzungsanspruchs ankommen. Als Gesamtpflichtteil ist vielmehr derjenige Betrag zu ermitteln, der dem pflichtteilsberechtigten Erben gebühren würde, wenn er nicht Erbe geworden wäre. Ansonsten wäre der pflichtteilsberechtigte Erbe benachteiligt.[10] Konsequenterweise ist § 2327 BGB i.R.d. Berechnung der Einrede zu berücksichtigen.[11] Dies kann dazu führen, dass der Pflichtteilsberechtigte nur seinen ordentlichen Pflichtteil gegenüber dem Ergänzungsanspruch eines weiteren Pflichtteilsberechtigten verteidigen kann.

[6] Staudinger/Olshausen, § 2328 Rn 8; Soergel/Dieckmann, § 2328 Rn 5.
[7] OLG Celle ZEV 2014, 54.
[8] Soergel/Dieckmann, § 2328 Fn 8; Staudinger/Olshausen, § 2328 Rn 15.
[9] MüKo/Lange, § 2328 Rn 6.
[10] Kerscher/Riedel/Lenz, Pflichtteilsrecht, § 9 Rn 164.
[11] Staudinger/Olshausen, § 2328 Rn 8.

II. Voraussetzungen

 

Rz. 6

Es muss Pflichtteilsergänzung verlangt werden. Das Verlangen des ordentlichen Pflichtteils reicht nicht.[12] Der Anspruch muss sich an einen pflichtteilsberechtigten Erben, als Alleinerben oder Miterben, richten, wobei insoweit die abstrakte Pflichtteilsberechtigung genügt.[13]

 

Rz. 7

Umstritten ist die Frage, wie sich ein Pflichtteilsve...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge