Gesetzestext

 

(1)1Der Pflichtteil eines Abkömmlings bestimmt sich, wenn mehrere Abkömmlinge vorhanden sind und unter ihnen im Falle der gesetzlichen Erbfolge eine Zuwendung des Erblassers oder Leistungen der in § 2057a bezeichneten Art zur Ausgleichung zu bringen sein würden, nach demjenigen, was auf den gesetzlichen Erbteil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflichten bei der Teilung entfallen würde. 2Ein Abkömmling, der durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen ist, bleibt bei der Berechnung außer Betracht.

(2)Ist der Pflichtteilsberechtigte Erbe und beträgt der Pflichtteil nach Absatz 1 mehr als der Wert des hinterlassenen Erbteils, so kann der Pflichtteilsberechtigte von den Miterben den Mehrbetrag als Pflichtteil verlangen, auch wenn der hinterlassene Erbteil die Hälfte des gesetzlichen Erbteils erreicht oder übersteigt.

(3)Eine Zuwendung der in § 2050 Abs. 1 bezeichneten Art kann der Erblasser nicht zum Nachteil eines Pflichtteilsberechtigten von der Berücksichtigung ausschließen.

(4)Ist eine nach Absatz 1 zu berücksichtigende Zuwendung zugleich nach § 2315 auf den Pflichtteil anzurechnen, so kommt sie auf diesen nur mit der Hälfte des Wertes zur Anrechnung.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 2316 BGB regelt die Auswirkungen der §§ 20502056 BGB über die Ausgleichung unter Abkömmlingen bei gesetzlicher Erbfolge auf das Pflichtteilsrecht bzw. die Berechnung des Pflichtteilsanspruchs.[1] Maßgeblich ist nach Anwendung von § 2303 BGB die Hälfte desjenigen, was dem Pflichtteilsberechtigten laut gesetzlicher Erbfolge nach vollzogener Ausgleichung zustehen würde. Für den von der Pflichtteilslast betroffenen Erben hat dies regelmäßig keinerlei Auswirkung, da die Ausgleichung nur zu einer Umverteilung der Pflichtteile unter den pflichtteilsberechtigten Abkömmlingen führt.[2]

 

Rz. 2

Ausnahmsweise kann sich die Ausgleichung positiv auf einen nicht pflichtteilsberechtigten Erben auswirken, wenn Abkömmlinge ihr Pflichtteilsrecht durch Ausschlagung, Pflichtteilsentziehung oder Erbunwürdigkeitserklärung verloren haben. Diese Abkömmlinge werden nach Abs. 1 der Vorschrift bei der Berechnung der Pflichtteilsquote anderer Abkömmlinge mitgerechnet.[3]

[2] Kretschmar, ZBIFG 8, 11, 18.
[3] Vgl. MüKo/Lange, § 2316 Rn 4.

B. Tatbestand

I. Voraussetzungen der Ausgleichung

1. Vorhandensein mehrerer Abkömmlinge

 

Rz. 3

Eine Ausgleichung nach §§ 2316 Abs. 1, 2050 ff. BGB findet nur unter Abkömmlingen statt. Voraussetzung nach Abs. 1 ist daher, dass der Erblasser mehrere Abkömmlinge hinterlässt. Neben dem pflichtteilsberechtigten Abkömmling muss demnach noch mindestens ein weiterer Abkömmling vorhanden sein. Abkömmlinge sind diejenigen Personen, die direkt vom Erblasser abstammen, also Kinder, Enkel, Urenkel usw. Vorhanden i.S.d. Vorschrift ist ein Abkömmling, wenn er bei Eintritt der gesetzlichen Erbfolge Erbe geworden wäre. Abkömmlinge, die von der Erbfolge ausgeschlossen sind, weil sie enterbt oder für erbunwürdig erklärt wurden oder die Erbschaft ausgeschlagen haben, sind demnach "vorhanden" und werden bei der Berechnung der Pflichtteilsquote mitgezählt, § 2310 S. 1 BGB.[4] Das Gleiche gilt für Abkömmlinge, denen der Pflichtteil entzogen wurde oder deren Pflichtteil durch die auszugleichende Zuwendung "verloren" geht. Vorhanden ist auch der Abkömmling, der alleine[5] oder mit Dritten Erbe wird.[6] Als nicht vorhanden i.S.d. § 2316 BGB gilt ein Abkömmling, der auf sein gesetzliches Erbrecht gem. § 2346 Abs. 1 S. 2 BGB verzichtet hat, nicht jedoch ein Abkömmling, der unter Vorbehalt des Pflichtteilsrechts verzichtet hat.[7] Gleichfalls nicht vorhanden ist ein Abkömmling, der mit dem Erblasser einen Vertrag über den vorzeitigen Erbausgleich nach § 1934d BGB geschlossen hat.

[4] MüKo/Lange, § 2316 Rn 4; Burandt/Rojahn/Horn, § 2316 Rn 5.
[7] MüKo/Lange, § 2316 Rn 5.

2. Ausgleichungsverpflichtung

 

Rz. 4

Weitere Voraussetzung für eine Ausgleichung nach Abs. 1 ist, dass eine Zuwendung des Erblassers an einen Abkömmling bei hypothetischem Eintritt der gesetzlichen Erbfolge ausgleichungspflichtig wäre bzw. besondere Leistungen eines Abkömmlings i.S.d. § 2057a BGB zu berücksichtigen wären. Für die Berücksichtigung der Vorempfänge und die daraus resultierende Berechnung des Pflichtteilsanspruchs verweist § 2316 BGB auf die Vorschriften der §§ 2050 ff., 2057a BGB. Es kann insoweit auf die Erläuterungen zu §§ 2050 ff. BGB verwiesen werden. Für die Beantwortung der Frage, ob der Vorempfang auch ausgleichungspflichtig i.S.d. Pflichtteilsrechts ist, gelten allerdings Besonderheiten:

a) Ausstattung gem. §§ 1624, 2050 Abs. 1 BGB

 

Rz. 5

Ausstattungen des Erblassers an einen seiner Abkömmlinge (§ 2050 Abs. 1 BGB) müssen bei der Pflichtteilsberechnung der übrigen Abkömmlinge berücksichtigt werden, Abs. 3. Eine abweichende Anordnung des Erblassers, wie sie i.R.d. gesetzlichen Erbfolge möglich ist, ist bei Abs. 1 unbeachtlich.[8] Die nach Abs. 3 zwingend vorgeschriebene Ausgleichungspflicht kann nur durch einen formgültigen Erb- oder Pflichtteilsverzichtsvertrag des Erblassers mit den übrigen Abkömmlingen ausgeschlossen werden.[9] Ab...

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