Rz. 80

Eine Anfechtung des gemeinschaftlichen Testaments kommt erst nach dem Tod des Erstversterbenden in Betracht. Vorher ist sie durch die jederzeitige Möglichkeit des Widerrufs nach Abs. 1 verdrängt.[200] Umstritten ist, ob ein Recht zur Anfechtung einseitiger Verfügungen dann analog § 2282 Abs. 2 BGB entsteht, wenn ein Ehegatte testierunfähig wird und daher keinen Widerruf mehr zu erklären vermag. Hier wird vertreten, dass einem Betreuer mit Genehmigung des Betreuungsgerichts ein Anfechtungsrecht zustehen könne.[201] Dagegen spricht allerdings bereits, dass der Gesetzgeber die Problematik beim Erbvertrag gesehen hat, beim gemeinschaftlichen Testament aber keine Regelung getroffen hat. Damit liegt die für eine Analogie erforderliche gesetzliche Regelungslücke nicht vor.[202] Ein Dritter kann bereits nach allg. Grundsätzen zu Lebzeiten nicht anfechten. Nach dem Tod des Erstversterbenden kann eine Anfechtung sowohl von dem Überlebenden als auch von Dritten erklärt werden.

[200] RGZ 77, 169; RGZ 87, 97; RGZ 132, 1; Staudinger/Kanzleiter, § 2271 Rn 65.
[201] Vgl. die Nachweise bei Palandt/Weidlich, § 2271 Rn 27.
[202] OLG Bamberg v. 22.5.2015 – 4 W 16/14, Rn 32, zit. nach juris = FamRZ 2016, 83.

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