Gesetzestext

 

(1)Wer sich an einem Ort aufhält, der infolge außerordentlicher Umstände dergestalt abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist, kann das Testament in der durch § 2249 bestimmten Form oder durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten.

(2)Wer sich in so naher Todesgefahr befindet, dass voraussichtlich auch die Errichtung eines Testaments nach § 2249 nicht mehr möglich ist, kann das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten.

(3)1Wird das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichtet, so muss hierüber eine Niederschrift aufgenommen werden. 2Auf die Zeugen sind die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, der §§ 7, 26 Abs. 2 Nr. 2 bis 5 und des § 27 des Beurkundungsgesetzes; auf die Niederschrift sind die Vorschriften der §§ 8 bis 10, 11 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, § 13 Abs. 1, 3 Satz 1, §§ 23, 28 des Beurkundungsgesetzes sowie die Vorschriften des § 2249 Abs. 1 Satz 5, 6, Abs. 2, 6 entsprechend anzuwenden. 3Die Niederschrift kann außer in der deutschen auch in einer anderen Sprache aufgenommen werden. 4Der Erblasser und die Zeugen müssen der Sprache der Niederschrift hinreichend kundig sein; dies soll in der Niederschrift festgestellt werden, wenn sie in einer anderen als der deutschen Sprache aufgenommen wird.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

In außergewöhnlichen Katastrophenfällen, in denen weder ein Notar noch ein Bürgermeister greifbar ist, und bei drohender Todesgefahr wollte der Gesetzgeber dem Erblasser die Errichtung eines Testaments ermöglichen. Es handelt sich beim Dreizeugentestament um eine Privaturkunde von Laien, die grundsätzlich juristisch nicht vorgebildet sind. Daher ist die Rspr. großzügig bei der Beurteilung der Wirksamkeit dieser Testamente.[1] Wird das Testament bei Vorliegen einer Notsituation nach § 2250 BGB vor einem Bürgermeister unter Beachtung der Formvorschriften des § 2249 BGB errichtet, liegt ein öffentliches Testament vor.[2]

 

Rz. 2

Es handelt sich auch beim Dreizeugentestament um ein Nottestament, das grundsätzlich nur eine bestimmte Gültigkeitsdauer hat (§ 2252 Abs. 1, 2 BGB).

[1] MüKo/Hagena, § 2250 Rn 1.
[2] MüKo/Hagena, § 2250 Rn 6.

B. Tatbestand

 

Rz. 3

Entscheidend für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 2250 BGB ist der Zeitpunkt der Testamentserrichtung. Ob bspw. vor oder nach Eintritt der Notlage die Errichtung eines Testaments vor einem Bürgermeister oder Notar möglich war, ist irrelevant.[3]

[3] MüKo/Hagena, § 2250 Rn 9.

I. Aufenthalt an einem abgesperrten Ort

 

Rz. 4

Hält sich der Erblasser an einem Ort auf, der infolge außerordentlicher Umstände dergestalt abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist, hat er die Wahl zwischen der Errichtung eines Testaments in der Form des Bürgermeistertestaments (vgl. hierzu die Kommentierung zu § 2249) oder eines Dreizeugentestaments.

1. Örtliche Absperrung

 

Rz. 5

Die Ursachen der örtlichen Absperrung sind vielfältig: Naturkatastrophen wie Überschwemmungen, Lawinen, Erdbeben, Erdrutsche; aber auch Quarantäne oder Maßnahmen der Polizei oder des Militärs in Krisenregionen können zu einer örtlichen Absperrung i.S.v. Abs. 1 führen. Auch Wegzerstörungen können das Vorliegen der örtlichen Absperrung begründen.[4] Diese Gründe müssen kausal dafür sein, dass der Erblasser einen Notar nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten erreichen kann.[5] Dabei muss die örtliche Absperrung entweder objektiv oder subjektiv nach Vorstellung des Bürgermeisters oder der drei Zeugen vorliegen. Ist diese Vorstellung bei dem Bürgermeister oder den drei Zeugen nicht gegeben, und liegt auch objektiv keine Absperrung vor, ist das dennoch errichtete Testament nichtig.[6] Die subjektive Vorstellung des Erblassers, die Voraussetzungen einer örtlichen Absperrung seien gegeben, reicht nicht aus. Unbedeutend ist dabei das örtliche Ausmaß der Absperrung (gesamte Gemeinde oder nur das einzelne Haus).[7] An einem solchen Ort muss sich der Erblasser aufhalten. Damit ist der tatsächliche, momentane Aufenthaltsort gemeint, nicht etwa der Wohnsitz.[8] In zeitlicher Hinsicht trifft das Gesetz keine Feststellung. Unerhebliche Zeiträume, in denen die Notsituation besteht, berechtigen jedoch grundsätzlich nicht zur Errichtung eines Dreizeugentestaments.[9]

[4] MüKo/Hagena, § 2250 Rn 4.
[5] Soergel/Mayer, § 2250 Rn 3.
[6] BGHZ 3, 372.
[7] BGHZ 3, 372.
[8] MüKo/Hagena, § 2250 Rn 5.
[9] Soergel/Mayer, § 2250 Rn 4; Reimann/Bengel/Mayer/Voit, § 2250 Rn 3.

2. Besorgnis, Errichtung vor Notar nicht möglich oder erheblich erschwert

 

Rz. 6

Es reicht aus, dass die Besorgnis, die Errichtung eines Testaments vor einem Notar sei nicht möglich oder erheblich erschwert, bei dem Bürgermeister/den drei Zeugen vorliegt. Liegt diese Besorgnis nicht vor, ist das dennoch errichtete Testament nichtig.[10]

[10] BGHZ 3, 372; KG Rpfleger 1968, 391.

3. Besorgnis des vorzeitigen Ablebens

 

Rz. 7

Die Besorgnis des vorzeitigen Ablebens ist i.R.d. Abs. 1 keine Voraussetzung (im Unterschied zu § 2249 BGB). Errichtet der Erblasser das Testament bei örtlicher Absperrung vor dem Bürgermeister, ist daher das Vorliegen der Besorgnis vorzeitigen Ablebens nicht erforder...

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