Rz. 50

Dennoch sollte der Testierende in seinem eigenen Interesse um eine klare und eindeutige Ausdrucksweise bemüht sein. Dies belegt die umfangreiche Rspr., die inzwischen zur Auslegung des Wortlauts unklarer Testamente ergangen ist. Für die Auslegung ist der erklärte wirkliche Wille des Erblassers im Zeitpunkt der Testamentserrichtung maßgeblich.[85] Zu dessen Ermittlung können zwar auch Umstände außerhalb der Testamentsurkunde herangezogen werden,[86] doch muss der zu ermittelnde Erblasserwille einen, wenn auch geringen und unvollkommenen Ausdruck im Testament selbst finden, damit er formgerecht erklärt ist.[87] Ein nicht erklärter Wille kann nicht ausgelegt werden.[88]

 

Rz. 51

Zusätzlich bleibt auch im Testamentsrecht Raum für eine ergänzende Auslegung, die immer dann geboten ist, wenn der Erblasser eine eingetretene Veränderung nicht vorausgesehen hat, die daraus sich ergebende Sachlage aber in einem bestimmten Sinne geregelt hätte, wenn er vorausschauend das spätere Ereignis schon bei Testamentserrichtung bedacht hätte.[89]

[85] BGHZ 20, 71, 72 ff. = NJW 1956, 865; BayObLG ZEV 1995, 67.
[86] BGHZ 80, 242 ff. = NJW 1981, 1737; BGHZ 86, 41 = NJW 1983, 672.
[87] MüKo/Hagena, § 2247 Rn 6; Palandt/Weidlich, § 2247 Rn 8; Tanck/Krug, Testamente, § 3 Rn 3; a.A. Brox/Walker, Erbrecht, Rn 200; BGH 80, 242, 244, 246, 249; 86, 41 = NJW 1983, 672.
[88] BGH NJW 1955, 460.
[89] BGHZ 80, 242; OLG Frankfurt ZEV 1995, 457, 458 f.

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